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Corona-Krise: Söder mit schonungsloser Ansage - dürfte viele Bürger verschrecken

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Von: Marcus Giebel

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Seit mehr als einem Monat bestimmt die Corona-Pandemie unser Leben. Werden wir das Virus in naher Zukunft hinter uns lassen? Markus Söder hat da seine Zweifel.

Meldung vom 25.4.2019: München - Die Corona-Krise ist in gewisser Weise auch Markus Söders Corona-Krise. Und das ist alles andere als negativ gemeint. Ganz im Gegenteil: Der bayerische Landesvater hat sich früher als seine Amtskollegen zu erheblichen Einschränkungen* des öffentlichen Lebens entschieden, die anderen Ministerpräsidenten sind ihm weitgehend gefolgt. Längst verleiht der CSU-Chef der politischen Entscheidungsgewalt, an deren lebenschützende Maßnahmen sich die Bevölkerung in diesen Wochen klammert, ein Gesicht. Es wirkt, als sei Söder der Kapitän, der Deutschland bislang recht erfolgreich durch die Pandemie steuert.

Und so nutzt der 53-Jährige die Krise, um sein politisches Profil zu schärfen sowie sich - da mag er sich noch so sehr davor sträuben - für die Nachfolge von Angela Merkel* in Berlin in Stellung zu bringen. Söders rasant gestiegene Popularitätswerte dürften jedenfalls Begehrlichkeiten wecken. Was ihn mit der Kanzlerin in dieser Zeit auf jeden Fall verbindet, ist der Verzicht auf jegliche Schönmalerei. Diskussionen um weitergehende Lockerungen steht er äußerst kritisch gegenüber. Und kontert diesen, indem er die prekäre Situation realistisch einordnet. In ihrer ganzen Dramatik. Auch damit lässt sich während der Corona-Krise punkten.

Video: Neuer Gesetzesentwurf des Gesundheitsministers

Söder in der Corona-Krise: Müssen uns auf Leben mit dem Virus einstellen

Im Interview mit Focus Online lässt Söder nun einen Satz fallen, den viele Bürger wohl schon erahnt, aber auch ebenso schnell von sich geschoben haben dürften. „Ein Leben ohne Corona gibt es auf absehbare Zeit leider nicht“, betont der vierfache Vater und folgert daraus: „Also müssen wir eine Strategie entwickeln, wie das Leben mit Corona* aussehen könnte. Dazu gehört intensives Testen*.“ Im Freistaat - dem Bundesland mit den meisten registrierten Infektionen - würden die Kapazitäten verdoppelt. Söder spricht gar von „intensiven Serientests“.

Zugleich verweist er auf die guten Erfahrungen mit den restriktiven Maßnahmen in Bayern: „Bei den meisten Kennzahlen liegen wir jetzt im Bundesdurchschnitt und damit besser als manche Länder. Daher war unser bayerischer Weg konsequent und richtig. Unsere Experten sagen: Wir haben den Freistaat vor dem Schlimmsten bewahrt.“

Söder in der Corona-Krise: Bußgeld bei Verstoß gegen Mundschutzpflicht festgelegt

Doch der Kampf gegen eine rasche Ausbreitung des Virus geht natürlich unvermindert weiter. Mit der Öffnung zahlreicher Geschäfte kommt auch die Mundschutzpflicht* - beim Einkauf sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln. Söder kündigt bei Focus Online an: „Es wird Kontrollen geben. Wer dagegen verstößt, muss sich auf Bußgeld einstellen. Bei Zuwiderhandlung sind 150 Euro fällig.“ Sollten Angestellte in Geschäften gegen die Verordnung verstoßen, können sogar bis zu 5000 Euro gefordert werden.

Und was blüht Masken-Verweigerern in Bus oder Bahn? „Im Öffentlichen Personennahverkehr zum Beispiel müssen Fahrgäste ohne Maske damit rechnen, nicht befördert zu werden“, warnt Söder, der auch feststellt: „Wir sind in Deutschland weit von der sogenannten Herdenimmunität entfernt. Wir haben es daher selbst in der Hand: Je länger wir geduldig sind, desto besser überstehen wir den Corona-Stresstest.“

Nicht ohne meine Maske: Bei der Mundschutzpflicht sind sich alle Bundesländer einig.
Nicht ohne meine Maske: Bei der Mundschutzpflicht sind sich alle Bundesländer einig. © dpa / Jörg Carstensen

Söder in der Corona-Krise: Kampf gegen die Pandemie wird ein Marathon

Dabei spricht der gebürtige Nürnberger von einem „Marathon, dessen Ende wir nicht kennen“. Deswegen werde viel Geduld gefragt sein auf dem Weg zurück in ein normales Alltagsleben. Und zwar auf allen Ebenen. „Es geht daher um einen wohlüberlegten Prozess, in dem man vorsichtig Erleichterungen mit Schutzmaßnahmen vornimmt und analysiert, wie sie sich auf die Infektion auswirken“, umreißt Söder die aktuelle Taktik. Wichtig seien zudem „verlässliche Zeitachsen, sonst verunsichern wir die Menschen“.

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Verunsichert sind derzeit viele Unternehmer, die vor einer ungewissen Zukunft stehen. Weil sie entweder noch rätseln, wann es für ihren Betrieb weitergeht oder in welchem Umfang. Auch hier will Söder aber nichts überstürzen: „Wir bewerten, wie sich die erste Etappe der Öffnungen auf das Infektionsgeschehen auswirkt, dann können wir über weitere Schritte und Zeitachsen reden.“

Söder in der Corona-Krise: „Können besser durchkommen als viele andere“

Der Parteichef lobt hier aber auch die politische Hilfe mit einem „wuchtigen Rettungsschirm“ sowie Programmen, „die kein anderes Land in Europa schultern kann. Wir werden nach Corona vielleicht nicht auf einem höheren wirtschaftlichen Niveau sein als vorher, aber wir könnten besser durch diese Krise kommen als viele andere.“

Der vorübergehenden Absenkung der Mehrwertsteuer für Gastronomie-Betriebe von 19 auf sieben Prozent sollen weitere ähnliche Schritte folgen: „Generell gilt: Wir brauchen Steuersenkungen. Daher sollte die Abschaffung des Soli vorgezogen werden - schnell und für alle. Das schafft Kaufkraft.“ Hier will Söder keine Zeit verlieren: „Wir sollten das am besten noch vor der Sommerpause auf den Weg bringen. Das wäre eine große Steuersenkung, die den heimischen Markt in Schwung bringt.“

Söder in der Corona-Krise: „Brauchen Ideen und Konzepte zum Durchstarten der Wirtschaft“

Grundsätzlich fordert der CSU-Chef aber auch den Blick über die Zeit des weitgehenden Stillstandes hinaus: „Wir haben bisherige Programme zum Durchhalten der Krise, wir brauchen danach aber auch Ideen und Konzepte zum Durchstarten der Wirtschaft.“ So schwebt ihm „etwa eine Innovationsprämie für den Bereich Automobil“ vor.

Zu dieser hat Söder bereits konkrete Ideen: „Die Prämie sollte man ökologisch staffeln - nach Technologieeinsatz und Emissionswerten; und sie müsste bis Ende des Jahres 2021 laufen.“ Und im Interview mit Focus Online schiebt er direkt ein Beispiel hinterher: So könnte auf „die bisherigen Hilfen von bis zu 6000 Euro für Elektroautos“ ein weiterer Betrag draufgeschlagen werden: „Damit könnte man eine 10.000-Euro-Prämie für hochwertige ökologische Autos finanzieren.“ Dabei erinnert Söder auch an den klimapolitischen Aspekt.

Denn der nach wie vor aktuelle Klimawandel dürfe trotz aller Sorgen und Ängste nicht aus den Augen verloren werden. Söder bringt hier „Sonderabschreibungen für Energie und Forschung“ ins Spiel. Und: „Auch die Forschungsmittel für künstliche Intelligenz müssen dringend angehoben werden.“

Söder in der Corona-Krise: „Erhalt der ökonomischen und technologischen Substanz“ wichtig

Die durchaus verständliche Befürchtung, der Staat könne die jetzige Situation für unverhältnismäßige Wirtschaftseingriffe ausnutzen, wischt Söder weg und verweist auf den ins Wanken geratenen Mittelstand. Der eben immer als Rückgrat der deutschen Wirtschaft galt. „Es geht um den Erhalt der ökonomischen und technologischen Substanz Deutschlands. Da müssen wir sehr genau hinsehen“, verdeutlicht der Ministerpräsident.

Auf die Soforthilfe müssten nun „Bürgschaftsprogramme, Kredite und die Beteiligung des Staates“ folgen, um die sogenannte und eigentlich schon seit einiger Zeit totgesagte Deutschland AG - bestehend aus Banken, Versicherungen und Industrieunternehmen - zu erhalten. Söder nutzt das Schreckgespenst, das aktuell hinter verschlossenen Grenzen lauert: „Beteiligungen haben dabei Schutzcharakter, um uns vor unerwünschten Übernahmen aus dem Ausland zu schützen. Da genau aufzupassen, ist existenziell wichtig für Deutschlands Zukunft.“

Söder in der Corona-Krise: Kleinbetriebe und Soloselbstständige sollen unterstützt werden

Was eben auch für den schon angesprochenen Mittelstand gilt. Deshalb stellt Söder in dem Interview klar: „Wir brauchen auch Geld für viele Kleinbetriebe und Soloselbstständige - etwa Künstler, denen alle Einnahmen wegbrechen, die aber für die Identität unseres Landes extrem wichtig sind.“

Die mitschwingende Botschaft ist klar: Es soll sich bloß niemand alleingelassen fühlen in diesen schwierigen Wochen voller Entbehrungen und Unsicherheiten. Auch dafür steht Söder.

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mg

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