1. Wetterauer Zeitung
  2. Politik

Debatte tobt: Söder und Kretschmann legen sich bei Corona-Impfpflicht fest - Geht es jetzt ganz schnell?

Erstellt:

Von: Anna-Katharina Ahnefeld

Kommentare

Die Corona-Lage in Deutschland ist dramatisch. Das ruft das Schreckgespenst Impfpflicht auf die Bühne. Die Meinungen gehen auseinander. Der News-Ticker.

Update vom 22. November, 22.18 Uhr: Immer mehr Ministerpräsidenten äußern sich: Michael Kretschmer (CDU), Sachsens Ministerpräsident, will eine allgemeine Impflicht „in Ruhe besprechen“, eine Diskussion über die Medien sei nicht hilfreich. Er äußert sich weiterhin zurückhaltend. Sein Kollege aus Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, sieht es anders: „Wenn die zukünftige Bundesregierung eine entsprechende Novelle vorlegt, dann werde ich das unterstützen“, sagte er.

Wäre eine Impfpflicht rechtlich möglich? Staatsrechtler sind sich nicht einig.

Update vom 22. November, 18.43 Uhr: Gegen eine allgemeine Impfpflicht spricht sich - sehr klar - der amtierende Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) aus. „Ich bin dafür, dass wir jetzt in Einrichtungen, wo besonders vulnerable Gruppen sind, zum Beispiel in Pflegeeinrichtungen so etwas erwägen und gesetzlich auf den Weg bringen“, sagte Braun dem Sender SWR2. „Aber eine allgemeine Impfpflicht, das haben wir bisher nur dann gemacht, wenn die WHO die Ausrottung einer infektiösen Krankheit ausgerufen hat. Das wird aber bei Corona nicht gelingen, weil das Virus sowohl beim Menschen als auch bei Tieren vorkommt und deshalb dauerhaft bleiben wird.“

Braun kandidiert neben Friedrich Merz und Norbert Röttgen für den Vorsitz der CDU.

Update vom 22. November, 18.17 Uhr: Auch der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holotschek befeuert die Impfpflichtdebatte. Der amtierende Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz sagte nach einer Besprechung mit seinen Amtskollegen: „Ich glaube, dass wir an einem Punkt angekommen sind, wo es richtig ist, dass wir über eine Impfpflicht sprechen und auch entscheiden - und zwar über eine allgemeine Impfpflicht, nicht über eine berufsgruppenspezifische.“

In diesem Zusammenhang betonte er die Rolle der Menschen im Gesundheitssektor. Es seien nicht diese Menschen, die das Virus am meisten übertrügen. Sie würden weiterhin großartige Arbeit leisten. Die Impfpflicht dürfte nicht nur für jene Berufsgruppen diskutiert werden.

Markus Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne) sprechen sich gemeinsam für Impfpflicht aus

Update vom 22. November, 17.52 Uhr: Nun äußern sich auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zur Impfpflicht - und zwar in einem gemeinsamen Gastbeitrag für die FAZ. Während Söder sich zuletzt schon für eine Impfpflicht ausgesprochen hatte, hatte Kretschmann sie lediglich „nicht ausgeschlossen“.

 „Eine Impfpflicht ist kein Verstoß gegen die Freiheitsrechte. Vielmehr ist sie die Voraussetzung dafür, dass wir unsere Freiheit zurückgewinnen“, schreiben Söder und Kretschmann. Man habe darauf gehofft, dass sich genügend Menschen impfen lassen, doch diese Hoffnungen seien leider enttäuscht worden. „Inzwischen wissen wir: Trotz eines umfassenden Impfangebots und umfangreicher Werbung sind bis heute weniger als 70 Prozent der Bevölkerung in Deutschland vollständig geimpft. Angesichts der hochansteckenden Delta-Variante sind das zu wenige, um die Pandemie in den Griff zu bekommen.“

Ein Verzicht auf eine allgemeine Impfpflicht werde dazu führen, dass „wir einen immer höheren Preis dafür zahlen, dass ein kleiner Teil der Bevölkerung sich die Freiheit nimmt, das Impfangebot abzulehnen“. Für die beiden Ministerpräsidenten steht demnach fest, dass Kinder und Jugendliche unter den Einschränkungen viel mehr als Erwachsene litten und dass die Polarisierung sich immer weiter in die Gesellschaft hineinfresse. „Menschen verlieren ihre wirtschaftliche Existenz, Unternehmerinnen, Kulturschaffende und Freiberufler leiden an den Einschränkungen - gestützt von Milliardenhilfen, die tiefe Löcher in die öffentlichen Haushalte reißen. All dies wiegt schwerer als die Zumutung einer Impfpflicht.“ Am Ende liegt die Entscheidung für eine Impfpflicht jedoch beim Bund und nicht den Ländern.

Kommt die Impflicht? Hessens Ministerpräsident Bouffier zeigt sich offen

Update vom 22. November, 17.00 Uhr: Die Debatte um eine Impfpflicht läuft ungebremst weiter: Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat sich nun offen für eine allgemeine Impfpflicht gezeigt. Er glaube, dies werde man womöglich nicht umgehen können, um aus der „Dauerschleife“ immer neuer Corona-Wellen herauszukommen. Das sagte ein Regierungssprecher am Montag der dpa. Bouffier forderte die künftige Bundesregierung außerdem auf, den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz für eine Impfpflicht in bestimmten Einrichtungen bald umzusetzen. 

Der Bremer Bürgermeister und Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) warnte hingegen, eine Impfpflicht komme zu spät, um die derzeitige vierte Infektionswelle zu stoppen. „Eine solche Impfpflicht können wir für die Zukunft mit Blick auf die bundesweite Situation sicherlich nicht ausschließen, das ist richtig, und wir müssen sehr ernsthaft darüber diskutieren“, sagte Bovenschulte am Montag in Bremen. „Für die aktuelle vierte Welle aber käme sie mit Sicherheit zu spät.“ Bremen habe bei Erwachsenen derzeit eine Impfquote von nahezu 95 Prozent.

Druck in Richtung einer Impfpflicht macht indes einmal mehr Bayerns Ministerpräsident Markus Söder* (CSU): Mit Blick auf die sich wieder verbessernde Nachfrage an Schutzimpfungen zeigte sich zwar erfreut. Dauerhaft ermögliche aber nur eine allgemeine Impfpflicht den Weg aus der Endlosschleife, betonte Söder in München. Er prophezeite zugleich Nachbesserungen am gerade erst finalisierten Infektionsschutzgesetz der Ampel*.

Krebsorganisationen fordern Corona-Impfpflicht

Update vom 22. November, 13.50 Uhr: Krebsorganisationen richten sich mit einem dringenden Appell an Politik und Bevölkerung – und fordern eine Corona-Impfpflicht. „Die Corona Task Force des Deutschen Krebsforschungszentrums, der Deutschen Krebshilfe und der Deutschen Krebsgesellschaft sieht eine allgemeine Impfpflicht zusätzlich zu Kontakteinschränkungen als einzige Möglichkeit, den Kollaps des Gesundheitssystems über den Winter zu verhindern“, heißt es in einer aktuellen Pressemitteilung.

Doch auch so sollten alle, die sich aus nicht-medizinischen Gründen gegen eine Corona-Impfung entschlossen haben, ihre Entscheidung noch einmal dringend überdenken. „Sie bringen nicht nur sich selbst in große Gefahr, sondern alle Menschen, die dringend medizinisch behandelt werden müssen, unter anderem Krebspatientinnen und -patienten“, warnte Professor Dr. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg. „Ungeimpfte Menschen haben ein sehr hohes Risiko, im Falle einer Corona-Infektion stationär behandelt werden zu müssen. Die Gefahr, dass ihnen und ihren Mitmenschen lebenswichtige Maßnahmen wegen mangelnder Kapazitäten versagt bleiben, ist äußerst real.“

Debatte um mögliche Impfpflicht: Scheidende Bundesregierung will sich heraushalten

Update vom 22. November, 13.30 Uhr: Die scheidende Bundesregierung will sich aus der Impfpflicht-Debatte heraushalten - trotz eines dramatischen internen Appells von Kanzlerin Angela Merkel am Montag. Diese Diskussion sei jetzt aufgekommen, da deutlich geworden sei, dass man mit Aufklärung und Werben für die Impfung allein nicht weiterkomme, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Mit Blick auf die für übernächste Woche geplante Bildung einer neuen Regierung fügte er hinzu: „Eine Entscheidung darüber gibt es jetzt nicht und sie würde auch von dieser Bundesregierung nicht mehr gefällt.“

Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei eine solche Verpflichtung vorstellbar, sagte ein Sprecher des Bundesjustizministeriums. Diese bedürfte allerdings einer gesetzlichen Grundlage und eine entsprechende Regelung müsste auch „verhältnismäßig ausgestaltet sein“. Hinzu kämen medizinische Fragen, die in einer anderen Bundesregierung dann vom Gesundheitsministerium geklärt werden müssten.

Corona-Impfpflicht? Die Ampel ist gespalten – Lauterbach prescht vor

Erstmeldung vom 22. November, 10.40 Uhr: Berlin – Kaum ein Thema erhitzt die Gemüter aktuell so sehr wie eine mögliche allgemeine Impfpflicht*. Angesichts der dramatisch steigenden Infektionszahlen in Deutschland erhält die Debatte weiter Aufwind. Denn Fakt ist: Zu wenig Menschen sind bislang gegen das Coronavirus geimpft. Das RKI verzeichnete am Wochenende 70,5 Prozent der Bevölkerung als erstgeimpft. Nicht genug, angesichts der grassierenden Delta-Mutation, die als die bisher ansteckendste Corona-Variante gilt. Was also tun?

Kommt die Impfpflicht? Meinungen in Politik weit auseinander – Debatte nimmt weiter an Fahrt auf

Debattiert wird nun über eine Impfpflicht nicht nur für ausgewählte Berufe, wie etwa im Gesundheitssektor, sondern für alle Menschen in Deutschland. Man müsse anfangen, darüber nachzudenken, forderte etwa SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach am Sonntag in der Sendung „Die Richtigen Fragen“ des TV-Senders Bild. „Ich würde das auf keinen Fall mehr ausschließen und tendiere dazu zu sagen: Das hilft uns jetzt nicht akut, aber wir müssen uns einer Impfpflicht nähern.“ Dabei argumentierte er: „Ohne Impfpflicht erreichen wir offensichtlich die Impfquote nicht, die wir benötigen, um bei der Stärke der Impfstoffe, die wir haben, und dem R-Wert der Delta-Variante über die Runden zu kommen.“

Karl Lauterbach (SPD), Gesundheitsexperte, nimmt an der Sitzung des Bundestags teil.
Karl Lauterbach (SPD), Gesundheitsexperte, nimmt am 18.11.2021 an der Sitzung des Bundestags teil. © Kay Nietfeld/dpa

Ganz anders sieht das der FDP-Fraktionsvize (und mögliche kommende Bundesgesundheitsminister*) Michael Theurer. In derselben Sendung bezeichnete er eine Impfpflicht als „verfassungswidrig“. Auch der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, äußerte sich sehr skeptisch. Eine allgemeine Impfpflicht dürfte „wegen des schwerwiegenden Eingriffs in das Recht auf körperliche Unversehrtheit unter den derzeitigen Rahmenbedingungen auch unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig sein“, sagte er der Welt am Montag.

Corona in Bundesländern: Allgemeine Impfpflicht wird kontrovers diskutiert – Söder zeigt sich offen

Auch in den Bundesländern gehen die Meinungen zu einer Impfpflicht auseinander. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans hält eine Diskussion über eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus* derzeit für nicht sinnvoll. Das sagte der CDU-Politiker am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“. „Jetzt bitte ich doch wirklich, alle Kraft darauf zu konzentrieren zu impfen.“ Man habe noch nicht genug getan, „um wirklich zu überzeugen, dass die Impfung der richtige Weg ist“, meinte Hans. „Wir haben ganze Bevölkerungsschichten in prekären Lebenssituationen, an die wir nicht rangekommen sind.“

Mehrere Vertreter der Union hatten sich zuletzt offen für eine allgemeine Impfpflicht gezeigt. Wenn es nicht ohne gehe, sei er bereit, diesen Schritt zu gehen, sagte etwa Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) der Welt. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte bereits am Freitag für eine allgemeine Impfpflicht* plädiert.

RKI-Chef Wieler sieht Impfpflicht als letztes Mittel – Holetschek: „schnell über dieses Thema sprechen“

Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, hat angesichts der dramatischen Corona-Lage erneut zur Impfung aufgerufen. „Wir müssen dafür Sorge tragen, dass wir so viele Menschen wie möglich zum Impfen bewegen und diejenigen, die eine vollständige Grundimmunisierung haben, boostern“, sagte Wieler am Sonntagabend im „Heute-Journal“ des ZDF. In der Debatte über eine Impfpflicht äußerte er sich zurückhaltend, verwies aber auf Überlegungen, darüber als letztes Mittel nachzudenken.

Die Impfpflicht sei „ein Mittel, und da bin ich ganz bei der (Weltgesundheitsorganisation) WHO, das wir alle nicht wollen“, sagte Wieler. „Es ist wirklich niemand, der gerne eine Impfpflicht haben möchte. Viele, viele Studien gibt's dazu, viele Wissenschaftler finden das keine gute Lösung. Aber wenn man alles andere versucht hat, dann sagt die WHO: Dann muss man auch über eine Impfpflicht nachdenken.“

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kann sich ebenfalls eine allgemeine Impfpflicht vorstellen. „Ich war immer eigentlich ein Gegner einer Impfpflicht“, sagte er am Montagmorgen dem Deutschlandfunk. Mittlerweile glaube er aber, „dass wir relativ schnell über dieses Thema sprechen müssen“. Eine Impfpflicht werde nicht heute und morgen helfen, aber sie sei der Weg aus der Pandemie. „Ich persönlich bin inzwischen als Ultima Ratio tatsächlich für diese allgemeine Impfpflicht.“ Darüber müsse relativ schnell in Berlin gesprochen werden - es brauche eine bundeseinheitliche Lösung. (aka mit dpa) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion