Putin spricht von „Tragödie für das ukrainische Volk“ und deutet an: Es wird wohl noch viel heftiger
Seit Jahren reibt sich Wladimir Putin am Westen und dessen Lebensstil. In einer Rede gibt er allein den Ländern um die USA und Deutschland die Schuld am Krieg in der Ukraine.
München - Wladimir Putin ist mit sich und seinem Führungsstil absolut im Reinen. Ja, der Kreml-Chef sieht sich auf dem einzig richtigen Pfad. Bei einem Treffen mit den Fraktionschefs der Parteien in der Staatsduma verteilte er fleißig Blumen und schoss sich auf den verhassten Westen ein.
Diesen Ländern schiebt er auch die alleinige Schuld an der Eskalation in der Ukraine in die Schuhe, die seit dem 24. Februar in einem erbarmungslosen Krieg ausgefochten wird. Eben jene Auseinandersetzung habe der Westen entfesselt, da er „2014 den verfassungswidrigen bewaffneten Staatsstreich in der Ukraine organisierte und unterstützte und dann den Völkermord an den Menschen im Donbas förderte und rechtfertigte“ - womit Putin wohl die Annexion der Krim und die aus Moskau unterstützten Separatisten-Hochburgen im Osten der Ukraine zu rechtfertigen versuchte.
Putin über Ukraine-Krieg: „Tragödie für ukrainisches Volk“
Nun sei der Westen auch „der unmittelbare Anstifter und Verursacher der heutigen Ereignisse“. Dabei deutete Putin an, dass er am Vorgehen im Nachbarland, das auf blinder Zerstörungswut fußt, durchaus seinen Gefallen gefunden zu haben scheint. „Wir haben schon oft gehört, dass der Westen uns ‚bis zum letzten Ukrainer‘ bekämpfen will“, schiebt er erneut den USA und ihren Verbündeten den Schwarzen Peter zu: „Es ist eine Tragödie für das ukrainische Volk, aber es scheint, dass es in diese Richtung geht.“
Dann lässt der 69-Jährige einen Satz folgen, der noch weit Schlimmeres befürchten lässt: „Aber jeder sollte wissen, dass wir im Großen und Ganzen noch nichts Ernsthaftes begonnen haben.“
Sein Gesprächsangebot wirkt ebenso vergiftet wie die Attacken auf die ukrainischen Städte und ihre Einwohner: „Gleichzeitig lehnen wir Friedensverhandlungen nicht ab, aber diejenigen, die sie ablehnen, sollten wissen, dass es für sie umso schwieriger wird, mit uns zu verhandeln, je weiter sie gehen.“

Putin schießt sich auf Westen ein: „Unterstützen Terrorismus und Separatismus im Russland“
Ob dieser Satz mehr an die Ukrainer oder an die USA, Deutschland und Co. gerichtet ist, sei mal dahingestellt. Denn diverse Aussagen lassen durchaus den Schluss zu, dass die Kampfhandlungen in der Ukraine für Putin eher ein Stellvertreterkrieg darstellen und er die eigentlichen Gegner in Washington, London, Berlin oder Paris sieht.
So wirft er dem Westen vor, „den Terrorismus, den Separatismus in Russland, die internen zerstörerischen Kräfte und die ‚fünfte Kolonne‘ in unserem Land“ zu unterstützen. Doch damit nicht genug. Putin wettert auch: „Der so genannte kollektive Westen, angeführt von den USA, verhält sich seit Jahrzehnten äußerst aggressiv gegenüber Russland.“
Putin wettert gegen NATO: „Mögliche Integration Russlands schien Mitgliedern absurd“
Dabei zählt er auf: Die russischen Vorschläge „für ein gleiches Sicherheitssystem in Europa“ seien abgelehnt worden. Gleiches gelte für „Initiativen zur Zusammenarbeit bei der Raketenabwehr“. Zudem wären die Warnungen vor einer „NATO-Erweiterung, insbesondere auf Kosten der ehemaligen Sowjetrepubliken“, ignoriert worden. Schließlich: „Schon der Gedanke an eine mögliche Integration Russlands in eben dieses Nordatlantische Bündnis, das damals ein ungetrübtes Verhältnis zur NATO zu haben schien, erschien den Mitgliedern absurd.“
Es klingt der Frust durch, weil sich Putin und das von ihm repräsentierte Land offenbar oftmals schlicht übergangen gefühlt haben. Wofür - so suggeriert es die lange Begrüßungsrede des Kreml-Chefs - letztlich die Ukraine büßen muss. Zerbombte Städte und unzählige Todesopfer Tag für Tag sind die Folge.

Putin über Sanktionen des Westens: Kreml-Chef spricht von „wirtschaftlichem Blitzkrieg gegen Russland“
Doch Putins Blick geht noch weiter in Richtung Westen. Er lobt „mehrere Pakete von Sanktionsmaßnahmen“, durch die „die Folgen unfreundlicher, offensichtlich feindlicher Aktionen westlicher Länder minimiert“ worden seien. Bei letzteren - also den westlichen Sanktionen - handele es sich um „illegale Maßnahmen gegen Russland“, die seinem Land zwar Schwierigkeiten bereiten würden, jedoch nicht in dem Ausmaß wie von den „Initiatoren des wirtschaftlichen Blitzkriegs gegen Russland“ erhofft.
Das Ziel sei es, „Zwietracht und Verwirrung in unserer Gesellschaft zu säen, die Menschen zu demoralisieren“. Doch auch all dies sei nicht erreicht worden. Und so zeichnet Putin auch ein höchst zweifelhaftes Bild von einem geeinten Russland, dessen Bürger von den Entscheidungsträgern gehört werden und deshalb glücklich leben können.
Denn: „Die Politik des Parlaments beruht auf dem Willen des russischen Volkes, auf der festen Position, auf der Überzeugung, dass wir historisch gesehen im Recht sind, und auf der unzweifelhaften Entschlossenheit der überwältigenden Mehrheit unserer Bürger, die Souveränität Russlands zu verteidigen und unserem Volk im Donbass zu helfen.“ Es wird einmal mehr deutlich: Putin befindet sich auf einer Mission, von der ihn wohl niemand abbringen kann. (mg)