Baerbock warnt vor „gravierendsten“ Verstößen Putins: „Dann sind wir in unserer Existenz bedroht“
Annalena Baerbock hält den Druck auf Wladimir Putin hoch. In einer neuerlichen Rede prangert sie russische Menschenrechtsverletzungen an. Von der Opposition erhält sie Lob.
Genf/Berlin - Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne)* hat Russland im Ukraine-Krieg* „gravierendste Verletzungen der Menschenrechte“ vorgeworfen. Sie wandte sich nach ihrer Rede in der UN-Vollversammlung auch erneut mit einem Appell an die Weltgemeinschaft. Ebenfalls am Donnerstag (3. März) informierte Baerbock den Auswärtigen Ausschuss des Bundesrats über die Lage im Ukraine-Krieg und gab einen Ausblick auf die Maßnahmen zur Aufnahme Geflüchteter in Deutschland.
„Russlands Invasion der Ukraine ist ein Angriff auf das ukrainische Volk: auf seine Freiheit und auf seine Grundrechte“, erklärte Baerbock in einer zuvor aufgezeichneten Videobotschaft bei der Sitzung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen in Genf. „Wir brauchen dringend eine Untersuchungskommission zur Ukraine, um alle Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen, die Russland seit Beginn seiner militärischen Aggression begangen hat“, erklärte sie.
Ukraine-Krieg: Baerbock rügt „gravierendste Verletzungen der Menschenrechte“
„Deshalb müssen Menschenrechte auch im Zentrum unseres politischen Handelns stehen“, fügte Baerbock hinzu. Die Ministerin hielt ihre Rede in englischer Sprache. Weltweit gerieten die Menschenrechte derzeit unter Druck. „Russlands Aggression unterstreicht dies nur allzu deutlich. Wir müssen diesem Angriff entgegentreten“, sagte die Ministerin. Deutschland unterstütze nachdrücklich die Forderung der Ukraine nach einer Dringlichkeitsdebatte während der Tagung des Menschenrechtsrates.
„Die Förderung der Menschenrechte ist keine Einmischung in innere Angelegenheiten“, betonte Baerbock. „Schwere Menschenrechtsverletzungen müssen strafrechtlich verfolgt werden.“
Baerbock betonte, die russische Invasion in die Ukraine sei auch ein Angriff auf die Charta der Vereinten Nationen. „Es geht hier um nichts Geringeres als um gravierendste Verletzungen der Menschenrechte: das Recht auf Leben und das Recht des ukrainischen Volkes, sein Schicksal selbst zu bestimmen.“ Menschenrechte müssten auch im Zentrum des politischen Handelns stehen, da sie weltweit unter Druck gerieten.
Wenn Menschenrechte versagt würden, „sind wir in unserer Existenz bedroht“, warnte Baerbock. Sie bezog ihre Worte auf die Menschen in der Ukraine, aber auch auf die Aktivisten von Menschenrechtsorganisationen wie Memorial in Moskau und auf „mutige Männer wie Alexej Nawalny, deren Stimmen zum Schweigen gebracht werden sollen“. Die Ministerin erwähnte zudem Demonstrantinnen und Demonstranten, die in Russland gegen Putins Krieg auf die Straße gehen und „alle Menschen weltweit, die aufgrund ihrer Überzeugungen unter Diskriminierung leiden“. Baerbock setzte sich auch dafür ein, auf die Erfahrungen von Frauen zu hören - „sie sind es, die in Konflikten und Krisen am stärksten gefährdet sind“.
Baerbock und Kretschmer danken Menschen in Deutschland - CDU-Landeschef lobt Grüne-Ministerin
Zusammen mit dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmann (CDU) stellte Baerbock am Mittag Pläne zur Versorgung Geflüchteter aus der Ukraine vor. „Vor uns liegt eine große humanitäre Aufgabe“, sagte Kretschmer. An die Flüchtlinge aus der Ukraine gewandt sagte er: „Wir als Länder sagen deutlich: Sie sind hier willkommen. Kommen Sie nach Deutschland.“
Es gebe in der Einschätzung des russischen Krieges in der Ukraine eine große Einigkeit zwischen der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP sowie den Ländern, lobte Kretschmer. Besonders bedankte sich der CDU-Politiker bei Baerbock „für die Klarheit, in der Sie in dieser schwierigen Phase Deutschland vertreten“.

Baerbock sagte, alle Bundesländer hätten deutlich gemacht, „dass sie natürlich gemeinsam mit allen Akteuren an einem Strang ziehen“. Die Aufnahme der Flüchtlinge setze eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen voraus. Dabei gehe es nicht nur um Unterkünfte, sondern auch um psychologische Betreuung. Kretschmer hat derzeit den Vorsitz des Auswärtigen Ausschusses der Länderkammer inne. Sitzungen des Gremiums sind selten, es kommt in der Regel nur zu besonderen Anlässen zusammen.
Ukraine-Krieg: Internationaler Strafgerichtshof ermittelt zu Kriegsverbrechen
Russland war vor einer Woche in die Ukraine einmarschiert. Die UN-Vollversammlung forderte Moskau am Mittwoch zum „sofortigen“ Abzug aus dem Nachbarland auf. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) nahm Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine auf. Am Donnerstagnachmittag wollten Ukraine und Russland erneut verhandeln. Zugleich kündigte der Kreml einen TV-Auftritt Wladimir Putins an.
Baerbock kündigte an, Deutschland wolle weitere drei Jahre Mitglied des UN-Menschenrechtsrates bleiben. Die Bundesregierung sei der Überzeugung, „dass wir alle gemeinsam die Rechte der Menschen in den Mittelpunkt unseres Handelns stellen müssen. Für die Mütter, Väter und Kinder in der Ukraine. Für alle, die Leid erfahren. Wir müssen jetzt handeln.“ (dpa/AFP)