USA melden Durchbruch in der Kernfusion – „Eine historische Leistung“
Kernfusion gilt als sicher und sauber – nun ist Forschenden in den USA ein Durchbruch gelungen. Doch Forschende warnen vor zu großen Erwartungen.
Update vom Dienstag, 13. Dezember, 16.10 Uhr: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in den USA ist ein historischer Durchbruch auf dem Feld der Kernfusion gelungen. Erstmals wurde beim Verschmelzen von Atomkernen mehr Energie gewonnen als verbraucht, wie US-Energieministerin Jennifer Granholm am Dienstag in Washington verkündete. Es handele sich um einen großen Durchbruch und eine große Leistung, betonte Arati Prabhakar, Wissenschaftsberaterin von US-Präsident Joe Biden. „Einfach ausgedrückt ist dies eine der beeindruckendsten wissenschaftlichen Leistungen des 21. Jahrhunderts“, so Granholm.
Vor knapp einem Jahr hatte das Institut bereits Fortschritte bei der Kernfusion verkündet – sie hatten die Zündung von Plasma erreicht. Dies führt dazu, dass die Fusionsreaktion sich selbst erhält. Bis zur massenhaften Produktion dürfte es jedoch wegen großer technischer Hürden noch ein weiter Weg sein.
Durchbruch in der Kernfusion: „Eine historische Leistung“
Auch die LLNL-Direktorin Kim Budil schließt sich an: „Das ist eine historische Leistung“. In den vergangenen 60 Jahren hätten tausende Menschen an der Kernfusion gearbeitet. „Viele haben gesagt, es ist nicht möglich.“ Doch bis zur Kommerzialisierung der Kernfusion ist es noch ein weiter Weg. „Es gibt sehr schwierige Hürden“, betont Budil in einer Pressekonferenz des Energieministeriums. Es könne Jahrzehnte dauern. „Nicht sechs Jahrzehnte, aber es ist noch ein paar Dekaden entfernt“, so die Direktorin weiter.
Forschung zur Kernfusion
Auch in Europa wird an der Kernfusion geforscht. In Südfrankreich wird dazu der Forschungsreaktor ITER aufgebaut. In der Kernversuchsanlage JET in Großbritannien ist es Forschenden gelungen, für einige Sekunden einen „Mini-Stern“ zu erzeugen.
Das Kernfusions-Experiment am LLNL hat den Angaben zufolge 2,05 Megajoule an Energie benutzt, um 3,15 Megajoule an Energie zu generieren – der sogenannte „scientific energy breakeven“. Das war bisher noch nie gelungen. Doch viele weitere Entwicklungen sind noch nötig, um mithilfe von Kernfusion saubere und sichere Energie zu erzeugen.
Kernfusion in den USA produziert mehr Energie als sie verbraucht
Erstmeldung vom Dienstag, 13. Dezember, 10.30 Uhr: Livermore – Bei der Kernfusion werden je zwei Atomkerne zu einem neuen Kern verschmolzen, dabei entsteht Energie. In der Natur kann man die Kernfusion beispielsweise bei unserer Sonne und anderen Sternen im Einsatz erleben – Kernfusionsreaktionen sind die Ursache dafür, dass die Sterne Energie abstrahlen.

Die Kernfusion gilt als sicher und sauber, doch trotz langjähriger Forschung und zahlreicher Experimente ist es Forschenden bisher nicht gelungen, bei einer Kernfusion mehr Energie zu erzeugen, als bei diesem Prozess verbraucht wird. „Trotz 70 Jahren Forschung hat bisher niemand mehr Energie aus einer Fusionsreaktion herausgeholt, als er hineinstecken musste. Der Rekord lag bei etwa 70 Prozent, also ein Nettoenergieverlust“, betont Mark Wenman, Dozent für Nuklearmaterialien am Imperial College London. Doch das könnte sich bald ändern. Wie die Financial Times und die Washington Post berichten, ist einem US-Labor offenbar ein wichtiger Schritt in der Kernfusion gelungen.
Durchbruch in der Kernfusion? US-Labor soll er geglückt sein
Die Financial Times berichtet, US-Energieministerin Jennifer Granholm werde am Dienstag (13. Dezember) „einen bedeutenden wissenschaftlichen Durchbruch“ bekannt geben. Weiter heißt es unter Berufung auf Beteiligte, dem US-Labor Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) in Livermore im US-Bundesstaat Kalifornien sei es erstmals gelungen, in einem experimentellen Fusionsreaktor mehr Energie zu erzeugen, als während des Prozesses verbraucht wurde. Ein „Nettoenergiegewinn“ von 120 Prozent sei dabei erreicht worden.

Die Forschenden nutzten den Berichten zufolge für ihr Experiment Laser, mit denen sie einen kleinen Wasserstofftropfen bestrahlten und so die Fusion auslösten. Die Washington Post zitiert einen Forschenden mit den Worten: „Für die meisten von uns war dies nur eine Frage der Zeit“. Vom US-Energieministerium und dem Labor gibt es bisher noch keine Bestätigung, da „die Analyse noch im Gange“ sei.
Seit mehr als 70 Jahren wird an der Kernfusion geforscht
„Alle, die an der Fusion arbeiten, versuchen seit über 70 Jahren zu zeigen, dass es möglich ist, mehr Energie aus der Fusion zu gewinnen, als man hineinsteckt“, weiß Jeremy Chittenden, Professor für Plasmaphysik am Imperial College in London. „Wenn die Berichte stimmen und mehr Energie freigesetzt wurde, als zur Erzeugung des Plasmas verbraucht wurde, ist das ein echter Durchbruch, der ungeheuer spannend ist. Es beweist, dass das lang ersehnte Ziel, der ‚heilige Gral‘ der Fusion, tatsächlich erreicht werden kann.“
Doch Forschende warnen vor zu großen Erwartungen. „Obwohl dies eine positive Nachricht ist, ist dieses Ergebnis immer noch weit von dem tatsächlichen Energiegewinn entfernt, der für die Erzeugung von Elektrizität erforderlich ist“, betont Tony Roulstone, Dozent für Kernenergie an der University of Cambridge. „Ein technisches Ziel für die Fusion wäre es, einen Großteil der für den Prozess verwendeten Energie zurückzugewinnen und einen Energiegewinn zu erzielen, der doppelt so hoch ist wie die für die Laser aufgewendete Energie“, erklärt der Experte. „Er muss doppelt so hoch sein, weil die Wärme in Elektrizität umgewandelt werden muss und dabei Energie verloren geht.“
Kernfusion noch „weit davon entfernt, nützliche, reichlich vorhandene, saubere Energie zu liefern“
Das Ergebnis sei ein wissenschaftlicher Erfolg – „aber noch weit davon entfernt, nützliche, reichlich vorhandene, saubere Energie zu liefern“, so das Fazit von Roulstone. Dem schließt sich Robin Grimes, Professor für Materialphysik am Imperial College London, an: „Es ist eine große Herausforderung, diese Energie so zu extrahieren, dass sie nutzbar gemacht werden kann, und Materialien zu entwickeln, die einem Dauerbetrieb standhalten können. (tab)