Lauterbach warnt mit Blick auf Corona-Herbst vor „kollektiver Dummheit“ und einem „Skandal“

Die Corona-Pandemie bestimmte fast zwei Jahre lang die Schlagzeilen. Mittlerweile scheint das Virus ein Randthema zu sein. Doch Karl Lauterbach steuert mit mahnenden Worten dagegen.
München - Karl Lauterbach wirft den Blick bereits weit voraus. Für politische Verhältnisse beinahe schon in eine viel zu ferne Zukunft. Doch der Gesundheitsminister schaut mit gutem Grund bereits über den nahenden Sommer hinweg und auf den dann folgenden Herbst.
Schließlich soll Deutschland diesmal endlich besser gewappnet sein auf einen drohenden Corona-Rückfall – mit schlimmstenfalls wieder rapide steigenden Infektionszahlen, deutlich mehr schweren Covid-19-Verläufen und einem Gesundheitssystem in höchsten Nöten.
Lauterbach über Corona-Herbst: Vorbereitung zu verschlafen wäre „ein Skandal“
Deshalb nutzte der SPD-Politiker die Eröffnung des Deutschen Ärztetages in Bremen zu einer Mahnung. In Richtung Politik, aber auch in Richtung Gesellschaft. „Die Pandemie ist leider nicht vorbei–- wir werden im Herbst mit mehr Infektionen und neuen Varianten rechnen müssen“, betonte Lauterbach. Darauf müsse sich Deutschland vorbereiten, alles andere „wäre eine kollektive Dummheit und ein Skandal“.
Drastische Worte, die aber wohl auch nötig sind. Um sich Gehör zu verschaffen angesichts des allgemeinen Hochgefühls nach dem Ende der meisten Einschränkungen, die teilweise monatelang den Alltag verkomplizierten. Nicht zufällig hatte Lauterbach erst vor wenigen Wochen darauf verwiesen, es könne sich durchaus eine Corona-Killervariante entwickeln – ansteckend wie Omikron, gefährlich wie Delta. Was hoffentlich ein Schauermärchen bleibt.
Lauterbach fordert neues Infektionsschutzgesetz: Fokus nicht nur auf Maskenpflicht in Innenräumen
Lauterbach zufolge erarbeitet sein Ministerium bereits eine neue Impf-, Test- und Behandlungsstrategie. Zudem warb er um ein neues Infektionsschutzgesetz, das sich nicht auf die Maskenpflicht in Innenräumen beschränken dürfe. Die aktuelle Fassung hinsichtlich der Corona-Maßnahmen gilt bis zum 23. September. Mund und Nase müssen demnach in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern, weiteren Einrichtungen des Gesundheitswesens, bestimmten Gemeinschaftsunterkünften, im ÖPNV sowie in Luft- und Personenfernverkehr bedeckt sein.
„Was wir jetzt haben, wird nicht ausreichen“, warnte der Gesundheitsexperte. Und: „Wir müssen diesmal besser vorbereitet sein.“ Auch ein Seitenhieb an die Vorgängerregierung, die gefühlt von jeder Corona-Welle aufs Neue überrascht zu sein schien, weil sie keinen Schuss vor den Bug als solchen erkannte. Von einer echten Erfolgsstrategie war Deutschland in den ersten beiden Corona-Jahren jedenfalls weit entfernt.
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Lauterbach über Long Covid: Gesundheitsminister befürchtet neue „Volkskrankheit“
Nun kommt laut Lauterbach erschwerend hinzu, dass der zeitliche Abstand zwischen neuen Varianten immer kürzer ausfallen werde. Folglich ist nicht nur vorausschauendes Handeln, sondern auch schnelles Reagieren nötig.
Der Epidemiologe, der sich obendrein auch mit den zumindest vereinzelt in der Bundesrepublik aufgekommenen Affenpocken auseinandersetzen muss, regte auch eine stärkere Auseinandersetzung „mit dem Problem von Long Covid“ an. Diese oftmals schwer diagnostizierbaren Langzeitfolgen nach einer Corona-Infektion könnten sich demnach zu einer neuen „Volkskrankheit“ auswachsen. Lauterbach forderte eine bessere Erforschung des Phänomens, ebenso die Optimierung der Behandlungsmöglichkeiten.
Es gibt also viel zu tun. Und keine Zeit zu verlieren. Dem ist sich Lauterbach offensichtlich bewusst. (mg)