Werden Städte abgeriegelt?

Coronavirus in Deutschland: Diese Grundrechte könnten eingeschränkt werden - Ministerium zeichnet Krisen-Szenario

Corona-Ernstfall: Reisen, körperliche Unversehrtheit, Unverletzlichkeit der Wohnung - so könnten unsere Rechte eingeschränkt werden.

  • Sollte es zu einer ernsten Ausbreitung des Coronavirus kommen, würden die Behörden verstärkt Maßnahmen ergreifen.
  • Das  Infektionsschutzgesetz regelt, welche Grundrechte eingeschränkt werden könnten.
  • Einige Personengruppen könnten besonders betroffen sein - eine UN-Menschenrechtskommissarin weist bereits auf „moralisch verwerfliche“ Maßnahmen in einigen Ländern hin.

Berlin/Genf - Noch ist völlig unklar, wie sich das Coronavirus weiter ausbreiten wird. Doch Bundesgesundheitsminister Spahn hat die Länder bereits dazu aufgefordert, Pandemiepläne zu erarbeiten. 

Für einige Menschen ist unterdessen die Einschränkung ihrer Rechte bereits Realität geworden: Die 300 Teilnehmer einer Karnevalssitzung in Heinsberg, an der auch auch ein am Coronavirus* infiziertes Ehepaar teilgenommen hatte, dürfen für zwei Wochen ihre Wohnung nicht verlassen und müssen sich von Freunden und Verwandten mit Lebensmitteln versorgen lassen, sowie eine Art Protokoll zum Gesundheitszustand erstellen, wie dpa meldet.

Coronavirus-Ernstfall: So könnten Maßnahmen aussehen

„Wenn es erforderlich ist, können auch wichtige Grundrechte wie Freiheit der Person, Versammlungsfreiheit oder Unverletzlichkeit der Wohnung sowie das Recht auf körperliche Unversehrtheit eingeschränkt werden“, so ein Sprecher des Bayerischen Gesundheitsministeriums gegenüber dpa. Der Bayreuther Staatsrechtler Stephan Rixen erklärt die Abläufe, ebenfalls gegenüber dpa, wie folgt: Zunächst sind die Behörden der Länder, einschließlich der Gesundheitsämter, zuständig. Wird die Lage ernster, müsse ein Krisenstab aus Vertretern mehrerer Ministerien übernehmen - in Kontakt mit dem Robert-Koch-Institut. 

Dann könnten folgende Maßnahmen ergriffen werden:

  • Umfangreiche Kontrollmaßnahmen auf Grundstücken oder in Verkehrsmitteln aller Art (Flugzeuge, Busse, Bahnen).
  • Verbote von Veranstaltungen und Versammlungen jeder Art.
  • Es kann vorgeschrieben werden, dass Personen einen Ort nicht verlassen dürfen.
  • Behörden dürfen Blutentnahmen und Abstriche von Haut und Schleimhäuten verlangen.
  • Krankheitsverdächtigen und Ansteckungsverdächtigen kann ein Berufsverbot auferlegt werden.
  • Diese dürfen auch in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonstiger geeigneter Weise abgesondert werden.
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Geregelt werden diese Einschränkungen im bundesweit gültigen Infektionsschutzgesetz (IfSG). Rixen betont aber, dass Einschränkungen immer verhältnismäßig sein müssten und beispielsweise nur zeitlich, räumlich oder personell begrenzt sein müssen. Man kann sich derzeit keine Abriegelung ganzer Städte vorstellen, so etwa Karim Maciejewski von der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Brühl bei Köln. Diese Einschätzung teilt der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD), gleichwohl habe die Stadt Katastrophenschutzpläne in der Schublade und könne Entsprechendes auch veranlassen. In jedem Fall gilt: Sofern die Landratsämter Schwierigkeiten mit der Durchsetzung der Maßnahmen hätten, kann die Polizei hinzugezogen werden.

Coronavirus-Ernstfall: Für diese Menschen sind drastische Einschränkungen bereits Realität

UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet rief am Donnerstag vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf zur „Verhältnismäßigkeit“ und zur „Einhaltung der Menschenrechte“ auf. Sie fordert, dass das Recht auf "Nahrung und sauberes Wasser, menschliche Behandlung, Zugang zu medizinischer Versorgung, das Recht auf Information sowie auf freie Meinungsäußerung" auch für alle Menschen sichergestellt sein müsste, die sich unter Quarantäne befänden. Dass dies nicht immer der Fall sein muss, zeigen unter anderem Berichte der in Washington ansässigen Organisation Uighur Human Rights Project. Die muslimische Minderheit der Uiguren verfügt demnach nicht über ausreichend Nahrung oder Medikamente - sie stehen derzeit in der chinesischen Provinz Xinjiang unter Quarantäne. Unter Kritik stehen auch Maßnahmen in Nordkorea, wo hunderte Ausländer unter Zwangsquarantäne stehen sollen. 

Die Menschenrechtskommissarin blickt weltweit besonders besorgt auf Angehörige von gefährdeten Personengruppen, die ein erhöhtes Ansteckungsrisiko haben - etwa ältere Menschen, die in Gemeinschaftseinrichtungen lebten. Die Bundesregierung hat nun wegen der beginnenden Coronavirus-Epidemie einen Krisenstab einberufen.

kat mit dpa

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Rubriklistenbild: © dpa / Ryu Seung-Il

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