Großfamilie aus Birklar will Haus wieder aufbauen

Ein verheerendes Feuer hat am 2. März ein Wohngebäude in Birklar zerstört. Die Bewohner konnten ihr Leben retten, sonst nichts. Jetzt will die Großfamilie ihr Zuhause wieder aufbauen.
Alexander Stroscherer macht einen gefassten Eindruck. »Als Vater muss ich die Familie zusammen halten«, sagt er. »Wer sonst sollte das machen.« 13 Kinder hat der 50-Jährige, zehn leben noch bei den Eltern. Dass alle gesund und unverletzt sind, grenzt an ein Wunder. Es hätte auch anders kommen können.
Am frühen Nachmittag des 2. März brach im Haus der Stroscherers in Birklar ein Feuer aus. Binnen weniger Minuten fraßen sich die Flammen durch das Gebäude. Die Mutter und die meisten Kinder konnten sich aus dem Erdgeschoss ins Freie retten. Dass zwei Söhnen im Teenageralter die Flucht aus dem ersten Stock gelang, ist auch der schnellen Reaktion eines Nachbarjungen zu verdanken, der den beiden zur Hilfe eilte. Die ganze Familie ist mit dem Leben davon gekommen; auch ein Wurf neugeborener Kätzchen konnte gerettet werden. Sonst ist nichts geblieben. Alles, was sich die Stroscherers ein Leben lang aufgebaut hatten, liegt in Schutt und Asche. Die Brandermittler gehen von einem technischen Defekt aus.
Inmitten dieser privaten Katastrophe gibt es einen Lichtblick. »Die Familie hat von vielen Seiten Unterstützung erfahren«, sagt Bürgermeister Dr. Julien Neubert, der sich gemeinsam mit Alexander Stroscherer und dessen Schwiegersohn Lukas Schmidt bei einem Termin im Rathaus herzlich für die große Hilfsbereitschaft bedankte. »Die Feuerwehr hat einen Super-Job gemacht«, lobt er. Verwandte, Nachbarn, Freunde und die Mitglieder der freien evangelische Baptistengemeinde Dorf-Güll, zu der die Familie gehört, waren zur Stelle, als sie gebraucht wurden. Und auch das Team im Rathaus, wie Alexander Stroscherer ausdrücklich erwähnt.
Der Familienvater war an seinem Arbeitsplatz in Waldgirmes, als er von dem Feuer erfuhr. Der Schock, den diese Nachricht in ihm auslöste, kann er bis heute nicht richtig in Worte fassen. Ein Bild aber hat er noch vor Augen: die riesigen Rauchschwaden, die ihm auf seinem Heimweg bereits in Muschenheim entgegen waberten. »Brand ist nicht Brand«, sagt er rückblickend. Aber in diesem Moment sei ihm klar geworden, dass es schlimm werden würde.
Jetzt, gut vier Wochen nach der Katastrophe, hat die Familie die drängendsten Probleme gelöst. Ganz wichtig: Sie hat ein Dach über dem Kopf. Das Haus der verstorbenen Oma von Lukas Schmidt, dem Schwiegersohn, stand leer. Dort, in Ettingshausen, sind die Stroscherers fürs erste untergekommen. Möbel hat der Online-Händler Wayfair gespendet. Die drei jüngsten Kinder gehen jetzt nicht mehr in Langsdorf in die Grundschule, sondern in Ettinghausen; die älteren besuchen weiter die DBS in Lich und die Gesamtschule Hungen. Aber das ist keine endgültige Lösung. Die Stroscherers wollen zurück in ihr gewohntes Umfeld, nach Birklar, das Dorf, in dem ihre Kinder aufgewachsen sind. Sie wollen ihr Haus, das sie seit zwei Jahren abbezahlt hatten. wieder aufbauen. »Man muss sich Ziele setzen. Man muss anpacken«, sagt der Vater entschlossen.
Doch vor ihm und seinen Lieben türmt sich ein riesiger Berg. Und der besteht nicht nur aus Brandschutt. Das größte Problem ist ein finanzielles. Gegen einen solchen Schaden war die Familie nicht versichert. »Die Hausratversicherung reicht da nicht«, sagt Alexander Stroscherer.
Bei der Stadt Lich gibt es für die Brandopfer ein Spendenkonto. Etwa 30 000 Euro sind laut Neubert darauf bislang eingegangen. Er hofft, dass die Summe weiter wächst und hat sich selbst an prominenter Stelle um Unterstützung bemüht. Mit Erfolg. Das Bundespräsidialamt stellte eine zweckgebundene Spende zur Verfügung. Den Betrag nennt der Bürgermeister nicht. Aber den besonderen Hintergrund. Für jedes siebte Kind einer Familie übernimmt der Bundespräsident die Patenschaft. Bei Stroscherers war das nicht anders, als vor bald 16 Jahren Sohn Martin auf die Welt kam. »Das war damals Horst Köhler«, erinnert sich der Vater und lächelt bei dieser Erinnerung sogar ein bisschen.
Schwiegersohn Lukas Schmidt macht sich Gedanken um die jüngsten Geschwister seiner Frau. Es gehe darum, ihnen möglichst viel Normalität zu vermitteln. Aber das wird wohl nicht immer möglich sein. »Die emotionalen Momente kommen noch, wenn das alles erst einmal richtig gesackt ist«, glaubt er. Einen solchen Momente hat die Familie bereits erlebt. Den sechsten Geburtstag ihres Jüngsten haben die Stroscherers eine Woche nach dem verheerenden Brand in ihrem provisorischen Zuhause begangen.
