»Digitalisierung ist Dauerprojekt«

Staubige Computerräume gehören der Vergangenheit an: Der Kreis Gießen will seine Schulen ordentlich aufrüsten. Damit setzt der Kreis die Mittel des Digitalpakts um und investiert zusätzlich selbst.
Ein großer Fernseher an der Wand, wo sonst immer die Tafel war. Tafel, Internet, Stoppuhr, Bildschirmübertragung und noch vieles mehr in einem einzigen Gerät. Was sich wie Zukunftsmusik anhört, soll bis Ende des Jahres im Großteil der Schulen im Landkreis Gießen Realität werden. Die Rede ist von interaktiven Displays, die Gesamtschule Hungen wurde bereits mit 31 dieser Systeme ausgestattet.
Aber erst einmal ein paar Zahlen zur Einordnung. Diese hat Christopher Lipp, Erster Kreisbeigeordneter und Schuldezernent des Landkreises Gießen, bei einem Pressetermin vorgestellt. Bei insgesamt 53 Schulen im gesamten Kreis sind derzeit 71 Prozent der rund 1400 pädagogisch genutzten Räume mit digitalen Tafelsystemen ausgestattet, erklärt Lipp. Dieser Überbegriff umfasse sowohl die neuen interaktiven Displays als auch andere Techniken wie moderne Beamer. Das Ziel des Landkreises sei die Vollausstattung aller Räume der Schulen im Kreis bis Ende 2023.
Die Gesamtschule Hungen gehörte zu den Glücklichen, die vor Weihnachten mit den Displays ausgestattet wurden. »Die Rückmeldungen der Lehrer und Schüler sind durchweg positiv«, zieht Schulleiterin Alexandra Kuret eine erste Bilanz.
Vom Whiteboard zur Stoppuhr
Das mag daran liegen, dass die Möglichkeiten dieses digitalen Tafelsystems so vielfältig sind. Die IT-Beauftragten der Schule, Jens Keneder und Tobias Nitsche, geben bei dem Termin einen kleinen Einblick. So ist es möglich, auf einem Whiteboard mit Hand oder Stift zu schreiben. Auch Hilfsmittel wie Geodreieck, Lineal oder Zirkel dürfen nicht fehlen. Lehrer können für die Stunde auch Tafelbilder vorbereiten und müssen diese dann in der Stunde nur noch abrufen.
Des Weiteren ist es möglich, mit dem interaktiven Display ins Internet zu gehen. Mit einfacher Touch-Bedienung können Webseiten aufgerufen werden, auch um Filme zu zeigen. Lautsprecher sind in dem Gerät integriert. Für die schulinterne Kommunikation, aber auch als Stoppuhr, z. B. für Aufgaben im Unterricht, kann es ebenfalls genutzt werden. Bei den iPads, mit denen die Lehrer der Schule mittlerweile ausgestattet wurden, kann der Bildschirm auf dem Tafelsystem geteilt werden.
Bei all diesen Möglichkeiten müssen die Lehrer natürlich auch wissen, wie sie damit umzugehen haben. »Es gibt schulinterne Fortbildungen. Wir stellen sicher, dass alle Lehrer inhaltlich abgeholt werden«, erklärt Keneder. Und auch über das regionale Medienzentrum Gießen-Vogelsberg »M@AUS« sind Weiterbildungen und Info-Abende möglich, sagt Lipp.
Aber alles Wissen über das System hilft nichts, wenn es nicht funktioniert. Die Wartung der Geräte übernehmen daher insgesamt sieben festangestellte IT-Techniker des Kreises. Bei kleineren Problemen kann die schulinterne IT-Abhilfe schaffen.
Lipp hofft auf Digitalpakt 2.0
Die Aufrüstung der Schulen im Kreis in Form von einer schnellen Internetverbindung, digitalen Tafelsystemen, dem Austausch von alten Systemen und mehr läuft über die Mittel des Digitalpakts. Die dabei zur Verfügung stehenden 8,8 Millionen Euro »sind bereits verplant«, sagt Lipp. »Daher müssen wir in diesem Jahr Eigenmittel einsetzen.« Der Schuldezernent hofft, dass es einen Digitalpakt 2.0 geben wird: »Die Aufrüstung ist eine wichtige Zukunftsaufgabe. Und Digitalisierung ist ein Dauerprojekt.«
Lipp plant noch einiges mit den interaktiven Displays. »Wir möchten insgesamt 421 Stück bis Ende 2023 in den Schulen installieren. Die größte Herausforderung dabei ist die Lieferbarkeit.« Dafür hat der Kreis einen Rahmenvertrag abgeschlossen. Damit können Displays in Höhe von 2,8 Millionen Euro angeschafft werden. Zur Einordnung: Eines dieser Systeme kostet rund 3500 Euro. Mit den in der Gesamtschule verbauten Erweiterungen (höhenverstellbar und zwei klappbare Whiteboards zu beiden Seiten) und der Montage belaufen sich die Kosten auf etwa 4500 Euro pro Stück, erklärt Nils Ollinger, IT-Koordinator des Landkreises.
Lipp sieht große Chancen in der Digitalisierung und sagt: »Schule kann und muss der Ort sein, an dem man den kritischen Umgang mit neuen Techniken lernt.«
INFO: DigitalPakt Schule
Der »DigitalPakt Schule« ist ein Bund-Länder-Programm, bei dem die Ausstattung digitaler Technik an Schulen weiter vorangetrieben werden soll. Damit sind u. a. flächendeckendes Internet sowie die Ausstattung der Klassenzimmer mit digitalen Tafelsystemen und Endgeräten gemeint. Start für das Programm war März 2019, es ist auf fünf Jahre angelegt, also bis 2024. Der Bund stellt dafür rund fünf Milliarden Euro zur Verfügung, »die Länder ergänzen mindestens weitere 500 Millionen Euro«, heißt es auf der Webseite Digitale Schule Hessen.