Zwischen den Jahren
Man müsste ja immer so allerhand. Dinge tun zum Beispiel. Das ganze Jahr springen einem unaufhörlich Dinge an, die man mal tun oder erledigen müsste. Für die dann aber oft keine Zeit ist. Und von diesen Dingen häuft sich dann über das Jahr hinweg gesehen so einiges an.
Und da ist es doch prima, dass es für all diese Dinge »zwischen den Jahren« gibt.
Da hat man dann endlich einmal Zeit, Ruhe und Muße, um beispielsweise den Keller aufzuräumen und dabei mit guter Laune feuchtgeschimmelte Umzugskartons der 1990er Jahre, kleinwagengroße Röhrenfernsehgeräte, Moncchichi-Puppen ohne Augen, Lateinarbeiten der Mittelstufe, Tennisschläger aus der Boris-Becker-Zeit und tote Mäuse zu entrümpeln.
So etwas kann man immer prima tun, zwischen den Jahren. Ebenso Wohnzimmerwände streichen, die Radmuttern der Winterräder nachziehen, Pfandflaschen der späten Nullerjahre wegbringen oder nach Weihnachten runtergesetzte Kaffeevollautomaten mit Milchschäumer im Internet bestellen. Und die Steuer machen. Das heißt Belege suchen, damit die Steuer dann irgendwann gemacht werden kann. Das würde auch super reinpassen, so zwischen die Jahre.
Jahrelang habe ich mich unter Druck gesetzt und geglaubt, »zwischen den Jahren«, ende mit dem Neujahrstag. Da dachte ich immer, so viel Zeit habe man dann ja gar nicht, um Holzunterstände zu bauen, Verwandte in Vancouver zu besuchen oder Geige und Spanisch zu lernen. Wo bliebe denn dann die Zeit, um ein Yoga-Retreat zu absolvieren, ein Tee-Service zu töpfern und Netflix leer zu glotzen. Doch nun erfuhr ich zu meiner großen Erleichterung, »zwischen den Jahren« dauere bis zum Dreikönigstag, dem 6. Januar, an. Das beruhigte mich ungemein, denn damit bieten sich plötzlich ausreichend potenzielle Zeitfenster, um für einen Halbmarathon zu trainieren, die baltischen Länder kennenzulernen und den Klimawandel zu stoppen. Gut, dass für alle diese Dinge nun Zeit ist Zeit wäre. Wenn ich, ja wenn ich diese Kolumne hier nicht schreiben müsste. Das geht natürlich vor. Da müssen die anderen Dinge hintenanstehen. Außerdem startet morgen die Vierschanzentournee, und die muss auch erst mal geguckt werden.
Gut, dass es »zwischen den Jahren« nächstes Jahr auch wieder gibt. Da gibt es dann ja noch genug Möglichkeiten, den Rest zu erledigen.
In diesem Sinne ich wünsche Ihnen einen guten und stressfreien Start ins neue Jahr und ein glückliches und gesundes 2020.
Dietrich Faber ist Kabarettist, Musiker und Autor. Vor Kurzem erschien der sechste und letzte Band seiner Krimikomödienreihe unter dem Titel »Sorge dich nicht, stirb! - Kommissar Bröhmann optimiert sich.« Derzeit ist er mit der gleichnamigen Buch-Show auf Tour. Termine und Infos gibt es unter www.dietrichfaber.de.