Walter Lübcke wurde erschossen

Kassel/Wolfhagen (dpa/gäd). Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke ist an einem Schuss in den Kopf gestorben. Dieser sei von einer Kurzwaffe aus der Nähe abgefeuert worden, teilten Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft Kassel am Montag auf einer Pressekonferenz mit. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft haben sich keine Hinweise auf einen Suizid ergeben, sie geht daher von einem Tötungsdelikt aus und ermittelt gegen Unbekannt. Ermittelt werde mit Hochdruck in alle Richtungen. »Wir haben noch keine Hinweise auf Täter und vor allem noch nichts zum Motiv«, sagte LKA-Chefin Sabine Thurau.
Der 65-jährige Lübcke wurde der Staatsanwaltschaft zufolge in der Nacht zum Sonntag gegen 0.30 Uhr auf der Terrasse seines Wohnhauses im Landkreis Kassel von einem Angehörigen gefunden. Reanimationsversuche seien erfolglos geblieben, sein Tod sei dann gegen 2.30 Uhr in einem Krankenhaus festgestellt worden. Das Wohnhaus des Regierungspräsidenten war auch am Montag weiter von Einsatzkräften der Polizei bewacht und komplett abgesperrt. Lübcke hatte zehn Jahre lang das Regierungspräsidium Kassel geleitet, das eine Verwaltungsbehörde auf mittlerer Ebene zwischen dem Land Hessen und seinen Gemeinden ist.
LKA-Präsidentin Thurau sagte, ihre Behörde übernehme Ermittlungen in der Regel dann, wenn wie im aktuellen Fall eine Person des öffentlichen Lebens das Opfer eines Tötungsdelikt sei. Eine Sonderkommission (Soko) mit rund 20 Mitarbeitern des LKA und des Polizeipräsidiums Nordhessen sei eingerichtet worden. Bei Bedarf könne die Soko noch erweitert werden, auch das Bundeskriminalamt unterstütze deren Arbeit bei den kriminaltechnischen Untersuchungen.
Die LKA-Chefin bat darum, nicht über die Tat und mögliche Hintergründe zu spekulieren. Auch sie betonte: »Wir ermitteln in alle Richtungen.« Es seien eine Telefon-Hotline und eine Mail-Adresse für Hinweise von Zeugen eingerichtet worden.
Der Tod von Walter Lübcke hatte parteiübergreifend Bestürzung ausgelöst. Justizministerin Eva-Kühne-Hörmann wird am Sonntag mit den Worten zitiert: »Ich habe heute erfahren, dass Dr. Walter Lübcke verstorben ist. Die Nachricht über den unerwarteten Tod schockt uns alle. Mit Dr. Walter Lübcke verbindet mich eine jahrzehntelange Freundschaft. Wir haben uns über viele Jahre für die Belange Nordhessens eingesetzt. Er war Weggefährte, Freund, Politiker und Familienvater.«
Auch Ministerpräsident Volker Bouffier und der hessische CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Boddenberg äußerten sich: »Wir sind tief bestürzt über den plötzlichen Tod unseres Freundes Walter Lübcke. Die CDU Hessen trauert um einen lebensfrohen, bodenständigen und hochangesehenen Politiker. Walter Lübcke hat die Interessen der Menschen in Nord- und Osthessen und weit darüber hinaus mit großer Empathie hervorragend vertreten. Als Regierungspräsident scheute er nie das klare Wort. Er war ein Brückenbauer, wie er besser nicht sein könnte. Walter Lübcke war der direkte Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern immer ein Herzensanliegen, sodass er in einer für Regierungspräsidenten eher untypischen Art auch schwierige Sachverhalte im persönlichen Gespräch vor Ort erläuterte. Das Regierungspräsidium Kassel wurde unter seiner Ägide strukturell und personell umfassend umgebaut und zukunftstauglich gemacht.
Bodenständiger »Junge vom Dorf«
Lübcke war zuvor zehn Jahre Mitglied des Hessischen Landtages. In einem seiner Landtagswahlkämpfe hatte er sich einmal gleichermaßen selbstbewusst wie selbstironisch als der »Junge vom Dorf« bezeichnet. Diese Bodenständigkeit haben die Menschen in Nord- und Osthessen immer in besonderer Weise an ihrem Regierungspräsidenten geschätzt. Wir werden Walter Lübcke sehr vermissen und ihm als CDU Hessen ein ehrendes Andenken bewahren.«
Mit großer Betroffenheit hat der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Hessischen Landtag, Mathias Wagner, auf den plötzlichen Tod Lübckes reagiert: »Für uns alle ist das ein Schock. Walter Lübcke war ein Netzwerker über die Parteigrenzen hinweg. Er hatte stets ein offenes Ohr für jeden Menschen und dachte immer zuerst an das Wohl der Region. Er war bekannt für seine offene und direkte Art. Er wird uns allen fehlen - als Mensch und als Fachmann mit großer Erfahrung.«
Der Vorsitzende der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, René Rock, zeigte sich ebenfalls erschüttert: »Mit Walter Lübcke verlieren wir einen bodenständigen und dem Leben zugewandten Menschen, der Herzen zu gewinnen verstand. Er war ein herausragender Anwalt nordhessischer Interessen, kluger Politiker und exzellenter Verwaltungsfachmann. Sein Tod bedeutet einen Verlust für ganz Hessen.«