Silvester mit Polizeischutz
Kein Feuerwerk am Mainufer? Enttäuscht kehren Tugrul und seine Frau wieder um. Mit ihrer Tüte voller Raketen werden sie nicht durchgelassen in das Sicherheitsgebiet am Eisernen Steg in Frankfurt. Ein Jahr nach der Kölner Silvesternacht ist diesmal vieles anders in der hessischen Metropole.
»2016 war nicht so schön, allein schon der Start in Köln«, sagt der 29-jährige Doktorand Tugrul mit Blick auf die kriminellen Übergriffe in der Kölner Silvesternacht. »Jetzt hoffen wir, dass 2017 besser wird.« Die beiden sind aus dem Stadtteil Heddernheim auf den Römerberg gekommen, um dort das neue Jahr zu begrüßen.
Aber das ist gerade mal eine halbe Stunde alt, da kommt eine junge Frau in eine Anlaufstelle der Polizei neben der Paulskirche. Jemand habe seiner 25-jährigen Freundin auf dem Eisernen Steg unter den Rock gegriffen, sagt einer der Begleiter. Dies sei gleich einem Beamten vor Ort gemeldet worden, erklärt Polizeisprecher Markus Sabais. Fünf Verdächtige werden festgenommen und Ermittlungen aufgenommen. Etwa 5000 Menschen passieren nach Schätzungen der Polizei die Einlasskontrollen in den Sicherheitsbereich am Main. Es ist deutlich ruhiger am Ufer als in den vergangenen Jahren, auch wenn vor Mitternacht erst der Eiserne Steg und dann auch der mainabwärts gelegene Holbeinsteg wegen Überfüllung gesperrt werden. Rund 600 Beamte sind in der besonderen Nacht zusätzlich im Einsatz. Keine leichte Aufgabe haben die Polizisten, die die schon vor Mitternacht immer heftiger werdende Böllerei auf dem Römerberg beobachten. Ein Mann schießt eine Rakete aus der Hand ab, sie rast gefährlich flach auf eine Gruppe von Menschen zu. »Das geht doch nicht«, ruft empört ein Polizist und umringt den Mann mit mehreren Kollegen. Er muss seinen Ausweis zeigen. Auf dem Römerberg wird es immer voller, einige sind betrunken. Immer wieder Durchsagen Und es wird immer mehr gezündelt. Die Polizei reagiert mit Lautsprecherdurchsagen und auf Twitter: »Böllerwürfe in Richtung anderer – geht gar nicht. Wir wünschen dem jungen Mann eine angenehme Nachtruhe im Gewahrsam.« An den vier Einlassstellen ins Sicherheitsgebiet lassen sich alle ohne Murren kontrollieren. »Ich finde das gut«, sagt die 24 Jahre alte Isabel, die mit drei Freunden aus Marburg zum Feiern nach Frankfurt gekommen ist. »Das gibt doch ein Gefühl von ein bisschen mehr Sicherheit.« Die Stadt Frankfurt reagierte mit ihrem Konzept auf die Übergriffe in der vergangenen Silvesternacht in Köln und Frankfurt. Auch in der Mainmetropole war es zum Jahreswechsel 2015/16 rund um den Eisernen Steg zu mehr als 60 Übergriffen auf Mädchen und Frauen gekommen. An der Justitia, dem Gerechtigkeitsbrunnen, ist ein Lautsprechermast der Polizei aufgestellt. Alle halbe Stunde gibt es eine Durchsage zum Sicherheitskonzept für diese besondere Nacht. »Wir würden uns freuen, wenn viele Leute auf der Straße feiern und sich ihre Art zu leben nicht nehmen lassen«, sagt Polizeisprecher Sabais. Bei einer Temperatur knapp unter dem Gefrierpunkt nimmt das Gedränge erst in der letzten Stunde des alten Jahres zu. Elf Minuten vor Mitternacht wird der Eiserne Steg wegen Überfüllung von der Polizei gesperrt, kurz darauf auch der mainabwärts gelegene Holbeinsteg. Eine Gruppe von jungen Männern aus Afghanistan und Syrien tanzt auf der Mainbrücke zu Folkloremusik. »Mensch ist Mensch«, sagt der Afghane Sina. »Egal, wo jemand herkommt oder welche Religion jemand hat.« Was vor einem Jahr in Köln passiert sei, dürfe sich nicht wiederholen. Was wünscht sich Sina für 2017? »Frieden«, antwortet er.