Sekunden im Rampenlicht
Hüttenberger Björn Nicolas van der Velden hatte jüngst einen Kurzauftritt im Frankfurter »Tatort«. Auch im echten Leben ist der Komparse Polizist. Hüttenberger Björn Nicolas van der Velden hatte jüngst einen Kurzauftritt im Frankfurter »Tatort«. Auch im echten Leben ist der Komparse Polizist.
Der 40-Jährige ist Gruppenführer einer Einsatzeinheit bei der Bereitschaftspolizei in Lich. Bei seinen Ausflügen in die Welt des Films mimt er ausnahmslos Polizisten. »Wir werden entweder als Spurensicherer, Spezialkräfte oder Polizisten besetzt«, erklärt van der Velden im Gespräch mit dieser Zeitung. Mit »wir« meint er eine Gruppe von Kollegen, die in ihrer Freizeit als Komparsen bei Filmproduktionen mitwirken. Organisiert von einer Firma, die sich auf die Vermittlung der Einsatzkräfte spezialisiert hat.
»Als ich davon gehört habe, fand ich das sehr interessant und wollte mal reinschnuppern«, sagt der Hüttenberger. Aus dem »Reinschnuppern« sind seit 2014 rund ein Dutzend Auftritte vor der Kamera geworden – immer als Komparse, immer als Polizist. So wie am 8. Januar dieses Jahres im Frankfurter »Tatort« mit dem Titel »Land in dieser Zeit«. Oder in dem Murot-Fall »Es lebe der Tod«, in dem Ulrich Tukur den eigenwilligen Ermittler spielt. Auch in der ZDF-Fernsehserie »Der Staatsanwalt« mit Rainer Hunold wirkte er mit. In einem Spielfilm war »Niki«, wie er von Familie und Freunden gerufen wird, ebenfalls schon zu sehen – und zwar in der Komödie »3 Türken und ein Baby« mit Kostja Ullmann und Rapper Eko Fresh.
Die Komparsen sind in einer WhatsApp-Gruppe organisiert, in die die jeweiligen Drehtermine dann eingestellt werden. »Wer frei und Lust hat, meldet sich. Ein paar Tage vor Drehbeginn gibt es dann nähere Informationen der Produktionsfirma. Oft wird in Frankfurt gedreht oder im Wiesbadener Raum«, erzählt der 40-Jährige, der aber auch betont: »Dienst geht natürlich vor. Ich kann auch kurzfristig absagen, wenn ein Einsatz ansteht.« Die Nebentätigkeit als Komparse ist bei seinem Dienstherrn anzeigepflichtig und muss vom Vorgesetzten genehmigt werden.
Am Drehort kümmert sich dann ein Betreuer der Produktionsfirma um die Komparsen. Es werden Einsatzzeiten festgelegt und die Szenen besprochen. »Die Polizisten sollen ein wenig für den realistischen Touch sorgen. Wir beraten auch, wenn eine Darstellung völlig am Bild der täglichen Polizeiarbeit vorbeigeht. Dann komme ich auch mal mit dem Regisseur oder seinem Co. in Kontakt. Beim ›Tatort‹ und beim ›Staatsanwalt‹ wird das Ganze allerdings sehr realistisch dargestellt.«
Im jüngsten Frankfurter »Tatort« hat van der Velden seinen bislang längsten Auftritt vor der Kamera. Er ist Teil des Ermittlerteams und sucht mit den Kollegen in einer Szene einen Verdächtigen in einem überfüllten Club. Danach ist er noch bei der Einsatzbesprechung des Teams prominent im Bild. Am Schluss der Szene bekommt er vom Kommissariatschef ein Buch überreicht.
Der Komparse aus Mittelhessen verfolgte den »Tatort« am Sonntagabend mit seiner Freundin auf der Couch. »Dass ich relativ lange und gut zu sehen war, hat mich selbst überrascht und war mir fast schon unangenehm. Die Szenen werden oft aus verschiedenen Blickwinkeln gedreht, sodass ich nie weiß, ob ich wirklich auch dabei bin.« Er wisse auch nicht, wann die Szene im Film auftauche. »Das macht den ›Tatort‹-Abend doppelt spannend«, erzählt er lachend. »Ich bin auch schon einmal komplett rausgeschnitten worden.« Oder er wirkt im Verborgenen. Im Murot-»Tatort« habe er einen der SEK-Beamten dargestellt, die den Täter zur Strecke bringen. »Allerdings hatte ich da eine Sturmhaube auf, sodass mein Gesicht nicht zu erkennen war.«
Kein Problem für »Niki«, der seinen Anteil am Gesamtkunstwerk richtig einzuschätzen weiß und dem es nicht hauptsächlich um ein paar Sekunden im Rampenlicht geht, wie er betont: »Ich mache das in erster Linie nicht, um im Fernsehen zu sein. Ich bin schlicht neugierig. Es ist einfach spannend, bei so einem Dreh dabei zu sein. Mich interessiert vor allen Dingen das Drumherum, die Technik, die Ausstattung.« Und die Schauspieler? »Margarita Broich und Wolfram Koch aus dem Frankfurter ›Tatort‹ sind unheimlich nett« Längere Gespräche mit den Hauptakteuren seien allerdings eine Seltenheit.
Bei »3 Türken und ein Baby«, der ebenfalls in Frankfurt gedreht wurde, traf er den Rapper Eko Fresh, der in der Komödie eine der Hauptrollen spielt. »Er kam zu früh zum Dreh und ich wartete auf meinen Einsatz. Da hab ich ihn angesprochen. Am Ende gab es dann noch ein Selfie mit ihm«, erinnert er sich. Eine Sprechrolle hatte der passionierte Sportler noch nicht, obwohl er im Frankfurter ›Tatort‹ etwas in seinen Bart murmeln durfte. »Wer wirklich Text hat, hat auch Anspruch auf eine höhere Aufwandsentschädigung«, grinst er.
Und die Reaktionen auf seinen jüngsten Auftritt? »Ich habe viele, viele Nachrichten bekommen. Auch meine Mutter hat mich angerufen. Die häufigste Frage lautete: ›Bist du das wirklich?‹ Frotzeleien gehören natürlich auch dazu. Aber insgesamt waren die Reaktionen sehr positiv.«
Sind weitere Komparseneinsätze denkbar? »Ja, aber nur in diesem kleinen Rahmen. Ich habe einen zeitintensiven Job und möchte noch genügend Raum für das Privatleben haben. Das Ganze ist ein spannendes Hobby, mehr aber auch nicht«, sagt der 40-Jährige, der seit 1997 bei der Polizei ist.
Eine Karriere als Filmstar wird es also nicht werden bei Björn Nicolas van der Velden. Aber weitere Kurzauftritte sind nicht ausgeschlossen. Wenn wieder ein Film gedreht, wird, bei dem Polizisten als Komparsen gebraucht werden. Wenn er auf seinen Einsatz wartet und schließlich das Kommando kommt: »Und bitte.« (Screenshot: HR)