Schwarz-Grün bleibt sich treu

CDU und Grüne arbeiten seit knapp einem Jahr in Neuauflage zusammen und behalten Bewährtes bei. Dazu- zählt: kein öffentlicher Streit. Der grüne Einfluss ist stärker geworden.
Noch bevor das schwarz-grüne Regierungsbündnis 2019 so richtig in die zweite Runde starten konnte, erreichte die hessische Politik eine schlimme Nachricht: Bei Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) wurde Krebs diagnostiziert. Der Gießener trat mehrere Wochen kürzer - um dann im Frühjahr nach einer erfolgreichen, aber kräftezehrenden ambulanten Strahlentherapie auf die politische Bühne zurückzukehren.
Als eingespieltes Team war die Koalition auch ohne den Chef weitergelaufen. Bouffier hatte vor der Landtagswahl 2018 angekündigt, zum letzten Mal als Ministerpräsident anzutreten. In der Sommerpause hatte der mittlerweile 68-Jährige auf die Frage nach einem möglichen Vorteil für einen Nachfolger, als Regierungschef in den Wahlkampf zu gehen, gesagt: »Das werden wir dann beraten, wenn es so weit ist... Aber dafür spricht viel.«
In einem Interview kurz vor Weihnachten betonte Bouffier: »Das Maß der Dinge für mich ist die Krankheit, bei der Genesung bin ich auf einem guten Weg.« Wenn die Krankheit überwunden sei, »dann mache ich das mit Freude und mit Schwung weiter«.
Lobende Worte für Schäfer
Als wahrscheinlichster Nachfolger von Bouffier wird im politischen Wiesbaden CDU-Finanzminister Thomas Schäfer gehandelt. Davon geht unter anderem der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion René Rock aus - verbunden mit der Prognose, dass Schäfer die knappe schwarz-grüne Mehrheit von einem Mandat womöglich verfehlen könnte. Aus den Reihen der Grünen gibt es dagegen Stimmen, die solche Befürchtungen ausdrücklich zurückweisen und sehr lobende Worte für Schäfer finden.
Im ersten Jahr des zweiten Bündnisses machen CDU und Grüne im Grundsatz so weiter, wie zuvor, auch wenn der »erotische Blitzeinschlag der Erstberührung« vorbei ist, wie Bouffier es bei der Präsentation des Koalitionsvertrags am 20. Dezember 2018 formulierte. Ein Jahr später spricht er von »viel Vertrauen und menschlicher Nähe«, betont aber auch, dass CDU und Grüne zwei unterschiedliche Parteien blieben.
Allerdings ist in der Landespolitik der gewachsene Einfluss der Grünen deutlich spürbar, nicht nur bei der gestiegenen Zahl grün geführter Ministerien. Mit ihrem starken Ergebnis bei der Landtagswahl hatte der Juniorpartner im Koalitionsvertrag seine Akzente setzen können. Einige Vorhaben aus der Vereinbarung wurden bereits auf den Weg gebracht.
Unter anderem sollen im kommenden Jahr ein Lobbyregister und ein Bürgerbeauftragter kommen. Geplant ist außerdem die Einführung spezieller Sprachkurse für angehende Grundschulkinder mit schlechten Deutschkenntnissen.
Faeser: Arbeit ungenügend
Die Kurse sollen voraussichtlich vom Jahr 2021 an verpflichtend werden. Auch zu anderen Themen wie beispielsweise der Kinderbetreuung, islamischer Religionsunterricht oder beim Klimaschutz gibt es Vorgaben aus dem Regierungsprogramm, die im ersten Jahr bereits angestoßen wurden. Nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke verstärkten auch Hessens Sicherheitsbehörden ihr Personal im Kampf gegen Rechtsextremismus.
Nach dem Urteil der SPD-Fraktions- und Landesvorsitzenden Nancy Faeser ist die Arbeit der schwarz-grünen Koalition nach knapp einem Jahr im Amt ungenügend. Die Landesregierung denke nicht im Sinne der Kommunen und statte die Städte, Gemeinden und Landkreise etwa bei der Kinderbetreuung mit viel zu wenig Geld aus. Auch beim Klimaschutz hinke die Koalition den eigenen Ankündigungen hinterher.
Bei der Haushaltsdebatte im Landtag im kommenden Jahr werde sie »den Finger in die Wunde legen«, sagte Faeser. Mit Unterstützung der Sozialdemokraten könne die Landesregierung jedoch bei ihrem Ziel rechnen, die Gesellschaft zusammenzuhalten.