Prozess wegen Tod von Tugce in vier Wochen

Darmstadt (dpa/lhe). Im Fall Tugce haben nun die Darmstädter Richter das Wort: Rund fünf Monate nach dem Tod der Studentin aus Gelnhausen durch einen Schlag an den Kopf steht der mutmaßliche Täter vor Gericht. Der erste Verhandlungstag gegen den 18-Jährigen sei für den 24. April in Darmstadt geplant, teilte das Landgericht am Dienstag mit.
Sanel M. ist wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt und sitzt in Untersuchungshaft. Er soll die Gießener Lehramtsstudentin Mitte November auf dem Parkplatz eines Schnellrestaurants in Offenbach «mit der flachen rechten Hand heftig gegen den Kopf geschlagen haben», heißt es in der Mitteilung des Landgerichts. Tugce Albayrak fiel «ohne jegliche Abwehrreaktion seitlich rückwärts auf den Asphalt und schlug mit dem Kopf auf».
Die junge Frau wurde schwer verletzt, sie fiel ins Koma. Knapp zwei Wochen später, an ihrem 23. Geburtstag, wurden die lebenserhaltenden Maschinen für Tugce abgeschaltet. Laut Staatsanwaltschaft soll Sanel M. bewusst gewesen sein, dass ein Schlag wie dieser tödlich sein könnte. Die heftige Ohrfeige gab der Angeklagte nach Angaben von Verteidiger Stephan Kuhn zu.
Das Schicksal der jungen Frau hatte für großes Aufsehen und internationale Anteilnahme gesorgt. Tugce soll vor der tödlichen Auseinandersetzung zwei Mädchen in dem Restaurant geholfen haben: Die beiden sollen von dem Angeklagten und seinen Begleitern auf der Damentoilette belästigt worden sein.
Tugce wird von vielen als «Heldin» verehrt, ihre Zivilcourage wird gelobt. Vor dem Krankenhaus, in dem die hirntote Studentin in Offenbach behandelt wurde, hatten sich immer wieder Freunde, Angehörige und wildfremde Menschen versammelt. Für den Prozess sind zehn Verhandlungstage geplant. Ein Ende ist vorerst für Mitte Juni vorgesehen. Da Sanel M. als Heranwachsender vor Gericht steht, könnte er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt werden.
Eltern und Geschwister von Tugce seien Nebenkläger und wollten auch persönlich an dem Verfahren teilnehmen, sagte einer der Anwälte, Macit Karaahmetoglu. «Wir erwarten, dass der Angeklagte eine empfindliche Jugendstrafe bekommt, so dass er von seiner Gewaltbereitschaft ablässt.»
Verteidiger Kuhn geht nach eigenen Angaben davon aus, «dass das tatsächliche Geschehen in der Hauptverhandlung aufgeklärt wird». Er hoffe, der Angeklagte bekomme «ein gerechtes und dem Erziehungsgedanken des Jugendgerichtsgesetzes entsprechendes Urteil».
Das Landgericht rechnet mit einem großen Interesse an dem Verfahren. Es gibt besondere Regelungen. Der Sitzungssaal hat 52 Plätze, 25 davon sind für Medien reserviert. Den Fall verhandelt die zehnte Strafkammer des Landgerichts. Der Vorsitzende Richter Jens Aßling hat bereits Prozesse geleitet, die für Aufsehen sorgten. Dazu gehört auch eines der bundesweit größten Kinderporno-Verfahren. Angeklagt waren hauptsächlich 2010 neun Männer. Es gab mehrjährige Haftstrafen.