»Optimistisch, aber nicht übermütig«
»Wahlkämpfe sind stets eine spannende Zeit«, sagt Roland Koch. »Sie machen mir durchaus Spa?, fügt er hinzu. Der Ministerpräsident und CDU-Spitzenkandidat ist in seinem Element. Er will mit seiner Partei am 18. Januar unbedingt das schaffen, was ihm vor knapp zwölf Monaten nicht gelungen war - er wirbt für eine schwarz-gelbe Regierung unter seiner Führung. Die Themen liegen für den erfahrenen Wahlkämpfer Koch auf der Hand: »Stabilität und Handlungsfähigkeit in der Krise«, darauf lege man den Schwerpunkt in einem »sehr stark wirtschaftsorientierten Wahlkampf« - und natürlich der Wortbruch der SPD.
Am Dienstag gab der hessische CDU-Vorsitzende den Startschuss für seine Tour durch das Bundesland. Die Stationen dieses ersten Tages unterstrichen die Ausrichtung des Wahlkampfes: Die Lufthansa als zweitgrößter Arbeitgeber Hessens, zwei Autozulieferer und ein Mittelständler werden mit dem schwarzen Wahlkampfbus angefahren. Koch will klarmachen, dass er sich der Probleme der Wirtschaft annimmt, dass er sich den Erhalt der Arbeitsplätze auf die Fahnen geschrieben hat. Die Themen Bildungs- und Energiepolitik sind zwar nicht von der Agenda verschwunden, nehmen aber bei Weitem nicht mehr den Platz ein, den sie noch im vergangenen Jahr innehatten. Und vom Problemfeld Jugendkriminalität ist in diesen Tagen nichts zu hören. Noch im letzten Wahlkampf hatte die CDU mit diesem Thema für bundesweite Diskussionen gesorgt.
»Optimistisch sei man«, diktiert der Spitzenkandidat den mitgereisten Journalisten in die Blöcke, »aber keineswegs übermütig«, schränkt er ein. Er gehe von einer guten Wahlbeteiligung am 18. Januar aus. In der verbleibenden Zeit müsse man alles daransetzen, die potenziellen CDU-Wähler auch an die Urnen zu bringen. »Mobilisierung«, sagt er, sei ebenfalls ein wichtiges Thema.
Die erste Station ist das neu gebaute Trainings- und Konferenzzentrum der Lufthansa in Seeheim-Jugenheim. Ende Februar soll es in Betrieb gehen, rund 100 Millionen Euro hat die Fluglinie in den imposanten Bau investiert. Das ursprüngliche Lufthansa-Zentrum, das dem Neubau weichen musste, war übrigens für die SPD von großer Bedeutung, wie Geschäftsführer Gerhard Schölzel erläuterte: Dort sei der Seeheimer Kreis der Partei gegründet worden. Zudem sei der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt oft Gast im Zentrum gewesen. Koch nahm den Ball gerne auf: »Der Seeheimer Kreis war für die hessische Landespolitik in letzter Zeit bedeutender, als sich das Helmut Schmidt vielleicht gedacht hatte«, sagte er mit einem Augenzwinkern.
Hintergrund: Einer der Initiatoren des konservativen Seeheimer Kreises war Günther Metzger, früherer SPD-Oberbürgermeister von Darmstadt. Seine Schwiegertochter Dagmar lehnte die Pläne der hessischen SPD zur Bildung einer rot-grünen Minderheitsregierung unter Tolerierung der Linkspartei von Anfang an ab. Metzger und drei weitere Abgeordnete verhinderten schließlich mit ihrem Nein die Wahl Andrea Ypsilantis zur Ministerpräsidentin.
Bei Pirelli in Breuberg, größter Arbeitgeber im Odenwald, wird Koch mit den Folgen der Wirtschaftskrise konfrontiert. In einigen Bereichen gebe es aufgrund fehlender Nachfrage Kurzarbeit, berichten die Manager des Reifenherstellers. Koch spricht sich dafür aus, Unternehmen, bei denen Kurzarbeit eingesetzt wird, bei den Sozialabgaben zu entlasten. Die Politik müsse Klarheit zudem für die Automobilindstrie schaffen - dies gelte nicht zuletzt auch für die Umsetzung der EU-Klimaziele für Autos.
Auch beim Heißkanalhersteller Synven- tive in Bensheim betont Koch die Wichtigkeit der Automobilindustrie. Beim Rundgang durch die Firma packt der Spitzenkandidat auch selbst mit an, biegt unter den kritischen Augen eines Angestellten ein Heizelement und nimmt sich Zeit für ein Gespräche mit den Angestellten. Das ist keine Ausnahme an diesem Tag. Koch gibt sich volksnah und locker. Die guten Umfragewerte sorgen für beste Stimmung beim Spitzenkandidaten und beim Wahlkampfteam.
Der geschäftsführende Ministerpräsident bekam aber auch ein paar Hausaufgaben aufgetragen. Bei der Firma Fritz Weg im mittelhessischen Eschenburg-Wissenbach stellte er sich einer Diskussionsrunde mit Auszubildenden und Unternehmern, die vor allem die Vorteile der dualen Ausbildung hervorhoben. Auch das Angebot »StudiumPlus« - eine Kooperation der FH Gießen-Friedberg mit mittelhessischen Unternehmen - wurde von Teilnehmern gelobt. Koch schloss sich dem an. Die in Wetzlar beheimatete Einrichtung leiste »Pionierarbeit«, so der CDU-Spitzenkandidat. Die jungen Menschen wünschten sich von der Politik bessere Informationen für Schüler über Studienangebote und kleinere Schulklassen, die Unternehmer eine Stärkung der Berufsschulen in der Region und Bürokratieabbau.
Den einzigen Wahlkampftermin vor großem Publikum absolvierte Koch dann am Abend in der Lindener Stadthalle. Die Rede Kochs steht für die Linie der CDU in diesem, Wahlkampf: Der Wortbruch der hessischen SPD-Vorsitzenden nimmt zwar einen gewissen Raum ein, ist aber nicht das einzige Thema. Wirtschaftskrise, »Wurzeln des Wohlstands«, Flughafenausbau, Bildung, Mobilisierung der Wähler - das sind die Schlag- worte mit denen er punkten will. Die Rede ist kämpferisch und im Tenor so wie es Roland Koch bereits am Vormittag formuliert hatte: »Optimistisch, aber nicht übermütig.«
Gerd Chmeliczek