Nord Stream 1 liefert kein Gas mehr: Wie es jetzt für Deutschland weitergeht

Nord Stream 1 hat erneut die Gaslieferungen nach Deutschland unterbrochen. Wir erklären Ihnen, wie es jetzt mit der Versorgung weitergeht.
Berlin – Nord Stream 1 hat seine Gaslieferungen erneut unterbrochen. Angeblich wegen eines technischen Defekts. Laut Behörden und Regierung sei die Versorgung weiterhin gesichert. Allerdings ist der Preis für den Rohstoff infolge des Lieferstopps um 30 Prozent angestiegen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Nord Stream 1: Was ist passiert?
Am Freitagabend (2. September) teilte der russische Staatskonzern Gazprom überraschend mit, dass der Gasdurchfluss durch Nord Stream 1 bis auf Weiteres gestoppt bleibe - und nicht, wie geplant, nach Abschluss der dreitägigen Wartungsarbeiten wieder aufgenommen werde. Grund für den Stopp sei ein Ölaustritt in der Kompressorstation Portowaja, teilte Gazprom mit. Bis dieser gestoppt sei, könne kein Gas mehr fließen.
Stimmt die Gazprom-Begründung?
Die Bundesnetzagentur bezweifelt das. „Die von russischer Seite behaupteten Mängel sind nach Einschätzung der Bundesnetzagentur technisch kein Grund für die Einstellung des Betriebs“, schreibt die Behörde. Ähnlich äußerte sich auch Siemens Energy als Hersteller der angeblich betroffenen Turbine. Die Abdichtung solcher Leckagen sei ein Routinevorgang im Rahmen von Wartungsarbeiten.
Nord Stream 1: Kommt kein Gas mehr aus Russland nach Deutschland?
Praktisch ja - über Waidhaus in Bayern kann aber zumindest theoretisch russisches Pipeline-Gas nach Deutschland gelangen. Waidhaus ist unter anderem Anlaufpunkt für Transgas, ein über die Ukraine und die Slowakei laufendes Leitungssystem nach Österreich und Deutschland, gleichzeitig aber auch für Nord-Stream-1-Gas über Tschechien. Laut Bundesnetzagentur kamen in Waidhaus allerdings zuletzt ohnehin nur noch geringe oder gar keine Mengen an.
Woher bezieht Deutschland jetzt Gas?
Vor allem aus Norwegen, Belgien und den Niederlanden - und zwar deutlich mehr als zuletzt aus Russland. Am Donnerstag flossen nach Angaben der Bundesnetzagentur rund 2900 Gigawattstunden Erdgas aus diesen Ländern nach Deutschland. Zum Vergleich: Am Montag, noch vor der angekündigten Lieferreduktion, transportierte Nord Stream 1 rund 348 Gigawattstunden russisches Erdgas. Anlaufstellen für zukünftige Importe sind zudem die Terminals für verflüssigtes Erdgas (LNG) an Nord- und Ostsee, die gerade im Eiltempo geplant und gebaut werden. Zum Jahreswechsel sollen die ersten Anlagen den Betrieb aufnehmen.
Kommen wir mit den Gas-Füllständen durch den Winter?
Die Füllstände steigen trotzdem, nach den aktuellsten Daten sind es rund 85 Prozent. Eine Verordnung sieht vor, dass die deutschen Speicher am 1. Oktober zu mindestens 85 Prozent gefüllt sein müssen - diese Marke ist mit dem aktuellen Füllstand nun mit einigem Vorlauf erreicht. Am 1. November sollen es dann laut der Verordnung 95 Prozent sein.
Klar war immer: Die bei einem Füllstand von 95 Prozent gespeicherte Gasmenge entspricht etwa dem bundesweiten Verbrauch der beiden Monate Januar und Februar 2022. Sie reicht also nicht für eine komplette Heizperiode. (mse/dpa)