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Natur für Infrastruktur

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 bei Amöneburg, auf der eine Herde Wasserbüffel weidet, ist eine der Ausgleichsflächen für den Weiterbau der A 49.	FOTO: DPA
Diese Feuchtfläche bei Amöneburg, auf der eine Herde Wasserbüffel weidet, ist eine der Ausgleichsflächen für den Weiterbau der A 49. FOTO: DPA © DPA Deutsche Presseagentur

Homberg/Stadtallendorf - Wo im mittelhessischen Herrenwald schwere Forstmaschinen für den Weiterbau der Autobahn 49 im Einsatz sind, fallen große Bäume im Minutentakt. Nicht weit entfernt wachsen neu angepflanzte Eichen oder grasen Wasserbüffel auf einer neuen Feuchtfläche. Wo also an der einen Stelle Grün verschwindet, um zur A 49 zu werden, soll es andernorts mit Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen neu entstehen oder auf Dauer geschützt werden. Doch kann man Natur und Infrastruktur miteinander verrechnen?

»Nicht vermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen sind durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder, soweit dies nicht möglich ist, durch einen Ersatz in Geld zu kompensieren« - so lautet der allgemeine Grundsatz im Bundesnaturschutzgesetz. Entsprechend sind auch für den umstrittenen Lückenschluss der A 49 Umweltprojekte als Kompensation vorgesehen.

Für die geplante Trasse zwischen Schwalmstadt und dem künftigen Ohmtal-Dreieck sollen etwa 85 Hektar Wald gerodet werden. Zu den Eingriffen in die Natur gehören nach Angaben der Projektgesellschaft DEGES die künftig versiegelte Fläche von 124 Hektar sowie 87 Hektar beispielsweise für Böschungen und Entwässerungsmulden.

»Wenn man die Fläche der Versiegelungen, die ja den Haupteingriff in die Natur darstellen, in Bezug setzt zum Gesamtumfang der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen von 750 Hektar, dann ist das ein Verhältnis von eins zu sechs. Das ist außerordentlich hoch«, sagt DEGES-Umweltexperte Claus Rosenstein. Dieses Verhältnis sei auch darin begründet, »dass zum Teil Flächen betroffen sind, die zumindest eine mittlere, teilweise auch eine höhere Wertigkeit bezogen auf den Naturschutz haben«.

Laut Projektgesellschaft DEGES werden für die gerodeten Hektar im gleichen Umfang Flächen aufgeforstet. Zudem werden demnach auf etwa 320 Hektar Ausgleichsmaßnahmen in bestehenden Waldbereichen umgesetzt. Auch jenseits von Wäldern sind Umweltprojekte als A 49-Ausgleich geplant und teils bereits realisiert: die Renaturierung von Gewässern etwa, neue Kammmolchteiche, Zauneidechsenbiotope oder eine Nassfläche bei Amöneburg, auf der Wasserbüffel weiden und die unter anderem dem Kiebitz neuen Lebensraum bieten soll.

Kritikern reicht das nicht. Der hessische Landesverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald etwa fordert grundsätzlich einen »verursachungsgerechten Ausgleich der Eingriffe in Natur und Landschaft«. Ein Ausgleich eins zu eins der gerodeten Flächen »ist bei Weitem kein Äquivalent zu den verursachten Schäden«. Nach Einschätzung des Landschaftsökologen Till Kleinebecker können Eingriffe in die Natur nur bedingt eins zu eins ausgeglichen werden. Ein reines Aufsummieren von Flächen etwa sage noch nichts über die tatsächlich wiederhergestellten Funktionen aus. Auch ob immer jede einzelne Maßnahme sinnvoll sei, bleibe dahingestellt. dpa

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