Mehr Bedarf – weniger Spender
Ein kleiner Pikser und ein kurzer Aderlass, der Leben retten kann. Unfallverletzte oder Operationspatienten – ohne Spenderblut geht es nicht. Doch die Versorgungslage ist im Moment angespannt.
Viele von ihnen kommen immer wieder, nicht wenige sogar regelmäßig mehrmals im Jahr. So wie Günther Zeiss, der im März beim DRK Butzbach seine 141. Blutspende abgab. Für runde Teilnahmen gibt es Urkunden und Ehrennadeln. Außerdem eine deftige Stärkung nach dem Aderlass. Für die Blutspender steht jedoch die Hilfe im Vordergrund, die sie anderen Menschen in Not leisten können, die durch einen schweren Unfall oder eine Operation auf Spenderblut angewiesen sind.
Jedoch wird die Versorgung mit Blutspenden immer schwieriger, weil durch den demografischen Übergang auf der einen Seite immer weniger Menschen im spendefähigen Alter (ab 18 Jahre) zur Verfügung stehen und auf der anderen Seite immer mehr Patienten dringend auf Blutprodukte angewiesen sind – so die Einschätzung am Universitätsklinikum Gießen-Marburg.
Blutgruppe null besonders benötigt
Auch beim DRK-Blutspendedienst Baden-Württemberg-Hessen sieht man die Situation durchaus mit etwas Sorge: »Bedingt durch die Feiertage im Mai und das überwiegend sonnige Wetter ist die Versorgungslage im Augenblick angespannt. Besonders benötigt wird die Blutgruppe null«, erklärt Pressesprecherin Stefanie Fritzsche.
Das DRK hat einen »sehr verlässlichen Stamm an treuen Spendern«. Doch jedes Jahr würden langjährige Spender aufgrund ihres Alters, der Gesundheit oder notwendiger Medikamenteneinnahme ausscheiden. Auch rechnet man beim Roten Kreuz damit, dass in den nächsten Jahren der Anteil an Patienten mit einem hohen Alter oder mit komplexen chirurgischen Eingriffen in den Krankenhäusern stetig steigen wird.
DRK organisiert Aufmerksamkeitsoffensive
Außerdem bedürften weiterhin Notfallpatienten mit einer akuten Blutungssituation Hilfe. »Deswegen ist es wichtig, die Spenderbasis zu vergrößern und immer wieder neue Menschen für die Blutspende zu gewinnen«, unterstreicht Fritzsche. Im vergangenen Jahr hat das DRK deshalb eine große Erstspenderkampagne organisiert und will auch in diesem Jahr vor dem bevorstehenden Urlaubssaison eine Aufmerksamkeitsoffensive starten.
Aktuell spenden nach Angaben des DRK rund 3,5 Prozent der Bevölkerung Blut. Die Frage, ob die Spendenbereitschaft nachlässt, sei nicht so einfach zu beantworten, sagt Fritzsche. Es sei aber schwieriger geworden, die Menschen für die Blutspende zu gewinnen. »Der Bedarf ist in den letzten Jahren – anders als früher – extrem schwankend. Das heißt, wir müssen in der Lage sein, sichere Blutpräparate zu jeder Zeit in der richtigen Menge und Blutgruppe unter allen Umständen zur Verfügung stellen zu können.«
Spender im Landkreis Gießen, im Wetteraukreis und im Vogelsberg
Auch wenn der Blutbedarf in den vergangenen Jahren insgesamt gesunken ist, würden in Deutschland rund 3,5 Millionen Spenden jährlich für die Versorgung der Patienten benötigt: »Nach wie vor ist für viele Patienten eine Transfusion lebensrettend. Nach wie vor gibt es für viele Erkrankungen keine Alternative zur Behandlung mit Blutprodukten.« In diesem Jahr sei der Bedarf in leichter Tendenz wieder angestiegen.
2017 gab es in Hessen 682 092 Spendenwillige und 622 557 tatsächliche Spenden. Ein Jahr zuvor waren es noch 701 079 Spendenwillige bei 636 586 Blutentnahmen. Im Landkreis Gießen waren es 2017 genau 3578 Spendenwillige und 3331 tatsächliche Spenden (2016: 3641/3329), im Vogelsbergkreis 6678 Spendenwillige und 6254 tatsächliche Spenden (2016: 6718/6233), im Wetteraukreis 11 542 Spendenwillige und 10 607 tatsächliche Spender (2016: 11 443/10 467).
Nur begrenzt haltbar
»Da wir aufgrund der kurzen Haltbarkeit keine wirklichen Vorräte anlegen können, können Engpässe immer entstehen«, erläutert die DRK-Sprecherin. Zum einen liege die Herausforderung darin, dass die richtige Spende am richtigen Orte sein muss: Jeder Spender ist einer der acht Blutgruppenkombinationen zuzuordnen – doch nicht jeder Empfänger kann auch jede Blutgruppe empfangen.
Hinzu kommt, dass die Blutgruppen in der Bevölkerung in unterschiedlichen Anteilen vertreten sind. »Dies führt dazu, dass seltene Blutgruppen wie beispielsweise 0 negativ und A negativ besonders gefragt sind. Darüber hinaus ist gespendetes Blut nur begrenzt lange haltbar und muss stets gekühlt gelagert werden«, sagt Fritzsche.