»Manchmal spiele ich auch den Narren...«
Wetzlar (axc). Ob das dem Jubilar recht gewesen wäre? Zur Aufführung der Hommage an John Lennon (der am 9. Oktober 70 geworden wäre) war die »Franzis«-Bühne mit Sprüchen dekoriert, die dem Chef-Beatle heute vielleicht peinlicher wären als kurz nach der Trennung der Fab Four: »Power to the people«, »Love is real, real is love« oder »Gimme some truth« sind Zitate aus Lennon-Songs, die Schlaglichter auf die immer noch rätselhafte Persönlichkeit des 1940 geborenen Liverpoolers werfen.
Wetzlar (axc). Ob das dem Jubilar recht gewesen wäre? Zur Aufführung der Hommage an John Lennon (der am 9. Oktober 70 geworden wäre) war die »Franzis«-Bühne mit Sprüchen dekoriert, die dem Chef-Beatle heute vielleicht peinlicher wären als kurz nach der Trennung der Fab Four: »Power to the people«, »Love is real, real is love« oder »Gimme some truth« sind Zitate aus Lennon-Songs, die Schlaglichter auf die immer noch rätselhafte Persönlichkeit des 1940 geborenen Liverpoolers werfen.Wer Volker Rebell, den langjährigen hr-Moderator mit der sonoren Stimme, und sein ebenso kluges wie unterhaltsames Buch über das Weiße Album der Beatles kennt, wusste, was zu erwarten war: lustvolles Oszillieren zwischen Bewunderung für die musikalische Leistung des Musikers Lennon (über zwei Dutzend Stücke wurden gespielt) bei durchaus kritisch-distanzierter Darstellung seiner Persönlichkeit.
Das Format des Abends bezeichnete der 63-jährige Rebell als »Mischung aus Konzert und erzählerischem Radio«. Neben den Songtexten, die er teilweise übersetzte, bediente er sich etlicher Interviewausschnitte, teilweise im O-Ton vom Laptop: »I play guitar and sometimes I play the fool«. »Instant Karma«, eines der frühen Solowerke, war Startpunkt der Reise, die 1970, beim Beatles-Split einsetzte und immer wieder zurückblickte, bevor man letztlich wieder beim Solo-John ankam. Leitfaden waren nicht Jahreszahlen, sondern Themen: Lennons ständige Verlustängste - die Eltern hatten sich getrennt, als er vier war - zeigten sich laut Rebell schon in frühen Beatles-Songs wie »Help«.
Ob aber der Sänger von »I’m a loser« sich auch im wirklichen Leben als solcher gefühlt hat, ist letztlich eine literaturwissenschaftliche Frage. Schließlich war auch George Harrison kein Premierminister, obwohl er »Taxman« aus dessen Sicht geschrieben hatte. Viele interessante Details gab es zu hören, so etwa, dass der Begriff »oceanchild« in »Julia« (das offiziell seine Mutter meinte) im Japanischen »yoko« (!) heißt. Claus Fischer, der fulminante Gitarrist der Beatles Revival Band, spielte die Ballade wunderschön solo.
Im zweiten Teil beschäftigte Rebell sich vor allem mit dem politischen Lennon, indem er den Bogen von ersten Statements wie »Revolution« zu den erschreckend naiven Agit-Songs der Jahre 71/72 wie »Give peace a chance« oder »Power to the people« spannte. 1973 kehrte John zu seinem anderen großen Thema, der Liebe, zurück. »# 9 Dream« wurde auch musikalisch - durch einen langen, nicht-originalen Instrumentalbreak - zu einem der vielen Höhepunkte, ebenso das minimalistische »Working Class Hero« als »full-band version«. Robby Matthes spielte wie immer den Höfner-Bass, Fritz Heieck die Tasten. Der junge Gilbert Foede vertrat den erkrankten Christian Engel am Schlagzeug, Rebell selbst gab an Mikro und Akustikgitarre den John, in den hohen Gesangslagen erstaunlich »echt«. Auch der zynische und verletzende Lennon wurde thematisch nicht ausgespart.
Dass die Utopie »Imagine« (mit deutschem Text) und »Give peace a chance« (Marsch mit Spruchschildern durch den Saal) am Ende erklingen mussten, war klar. Dass jedoch alle Zugaben von den Beatles stammten, zeigt vielleicht doch, dass Lennon nur in der Zusammenarbeit mit Paul McCartney (trotz böser Schelte in »How do you sleep?«) wirklich gut war. Der »Imagine«-Abend war es auch ohne Paul.
Im Dezember erscheint ein Hörbuch zu »Imagine«.