Karibische Sonne im winterlichen Wetzlar
Wetzlar (chl). Feurige Latin-Klänge, schmetternde Bläserattacken, schmeichelnder Gesang, erotisch die Hüften kreisende Tänzerinnen und viel nackte Haut entfachten am Sonntagabend in der Rittal-Arena eine mitreißende Salsa-Party.
Wetzlar (chl). Feurige Latin-Klänge, schmetternde Bläserattacken, schmeichelnder Gesang, erotisch die Hüften kreisende Tänzerinnen und viel nackte Haut entfachten am Sonntagabend in der Rittal-Arena eine mitreißende Salsa-Party. Es hatte jedoch gut zwei Stunden gedauert, bis auch die knapp 2000 Zuhörer so richtig von den Rhythmen der kubanischen Tanz- und Musikshow »Pasiòn de Buena Vista« gepackt wurden: Erst ab dem Finale und in der Zugaberunde erhob sich das Publikum von den Sitzen, klatschte freudig mit oder nutzte die Gänge und den Bereich vor der Bühne für eigenes ausgiebiges Salsa-Tanzen. Hierbei entpuppten sich die beiden Sänger der Showband »La Idea«, Dariel Sánchez-López und Anelyodis Mariño-Rosales, als Anheizer im Stile solcher aktuellen Latino-Popstars wie Marc Anthony, Ricky Martin oder auch Enrique Iglesias.
Doch auch zuvor stand die Vermittlung einer gewissen kubanischen Lebensfreude im Mittelpunkt des Geschehens. Diese findet natürlich vor allem in der Sprache der Musik und des Tanzes ihren ganz bezeichnenden Ausdruck. Salsa, Rumba, Cha-Cha-Cha, kubanischer Bolero und der vom Musikprojekt »Buena Vista Social Club« als identitätsstiftend propagierte Son dürfen in diesem Süppchen nicht fehlen.
Damit diese Leidenschaft dafür besonders zur Geltung kommt, werden die Zuschauer in den nächtlich sich aufbegehrenden Stadtteil Havannas, Buena Vista, entführt. Im Hintergrund prangen die mittlerweile maroden Fassaden der einst so prunkvollen vorrevolutionären Bauten der kubanischen Metropole in die Höhe, die in den 30er bis 50er Jahren noch im Neonlicht glänzten und den bis heute andauernden mit Kuba verbundenen romantischen Charme ausmachen. Davor brodelt es: Die jungen Akteure beweisen unberaubbaren Lebensmut und spritziges Temperament. In bunten, farbenfrohen Kostümen zaubern die acht Tänzerinnen und Tänzer lateinamerikanische Karnevalatmosphäre hervor, die zu Liedern wie »Chá-Chá-Chá con Sabor« und »La Vida es un Carnaval« einen mitreißenden Höhepunkt erfährt. Aber auch die von Trompeter Antonio-Alberto Aguilar-Castro geleitete zehnköpfige Band »La Idea«, die den Kern der Show bildet, besticht mit den alles zusammenhaltenden fetzigen Klängen. Klar, dass Castro, der auch schon für Ibrahim Ferrer und Gloria Estefan musizierte, die für afro-kubanischen Jazz so typischen High-Note-Phrasen auf seiner Trompete nicht missen lassen darf.
Als Gäste und Gesang-Protagonisten dürfen so gestandene Son-Interpreten wie Tomás Evangelista Sáchez-Pérez und der 77-jährige Inocente »Pachin« Fernández-Jimenez nicht fehlen. Beide entstammen dem Umfeld der durch den »Buena Vista Social Club« bekannten Musiker wie Ibrahim Ferrer und Compay Segundo. Und Sanchez und Pachin waren es auch, die mit ihrer ergrauten Eminenz all die Fans der durch den »Buena Vista Social Club« in den 90er Jahren auf dem europäischen Kontinent »wieder erweckten« kubanischen Musik in die Show lockten.
Und so durfte man sich auf den Klassiker »Chán Chán« genauso freuen wie auf »Santa Isabel« oder dem Evergreen »Besame mucho«, welcher ursprünglich eine Liebesarie aus der Oper »Goyascas« des spanischen Komponisten Enric Granados ist. Die angekündigte Sängerin Maida Castaneda trat krankheitsbedingt nicht mit auf.
Einen Lichtblick auf die junge pop-orientierte kubanische Musik lenkte Sänger (und ansonsten Band-Gitarrist) Yulie Velázquez-Guerrero mit seinem selbst komponierten Lied »Besame, abrazame« (Küss’ mich, umarme mich). Aber auch die flotte Version des Son »Pintate Los Labios Maria« fesselte mit seinem zum Tanzen drängenden Rhythmus. Doch irgendwie wollte zunächst der zündende Funke nicht auf das Publikum überspringen, obwohl hier und da so mancher rhythmisch mit den Füßen mittappte oder mit dem Kopf mitnickte.
Schließlich ließ der deutsche Conferencier Knut Gambusch als Mischung aus Reiseleiter und touristischer Animateur mit seinen platten Ansagen immer wieder die träumerische, in die Szenerie hineinfühlende Blase zerplatzen und holte das Publikum auf die Sitze eines Ausflugsbusses zurück.