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Bülent Ceylan in Wetzlar: Ein rundherum türbülenter Abend

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Wetzlar (chl). Der Mannheimer Comedian Bülent Ceylan mit türkischem Vater, deutscher Mutter und »ur-deutschem« Großvater servierte am Freitagabend 4000 Zuschauern in der ausverkauften Rittal-Arena parodistisch Vorurteile und Klischees aus dem Mit- und Gegeneinander von Deutschen und Türken auf dem Silbertablett.

Dabei babbelte er sich auf »Monnemerisch« den Mund fusselig und schlüpfte immer wieder in eine seiner bekannten Rollen, um die Sicht der Dinge aus verschiedenen Milieus heraus zu beleuchten.

Die kulturellen Konflikte fangen in Ceylans Familie an: Der Opa wollte, dass er Soldat wird, der Vater bestand darauf: »Der wird Türke!« Der Opa schenkte ihm als Kind ein Fahrrad, der Vater schleppte ihn daraufhin schleunigst zum Eselreiten »auf anatolische Art«. Und wenn Bülent aus Opas Schrebergarten zitierte (»Da kommt alles druff auf de Koposchthaufe, und wenn's e Türk» is«) , grölte und lachte das Publikum unverhohlen mit - auch die Türken im Saal. Die seien natürlich auch Menschen, stellte Ceylan augenzwinkernd bei der Begrüßung fest. Für grenzwertige, aber auch reichlich selbstironische Sprüche, bei denen das Publikum aus dem Feixen nicht mehr herauskommt, oder für das Verfallen in einen Hitler-Ton, wenn es um deutsche Tugenden ging, wären andere wohl abgewatscht worden. Aber der Comedian setzt aufs Zwischenmenschliche und lässt politische und religiöse Anspielungen bewusst außen vor. Eines stellte er aber auf einem Schild klar: »Respekt! Kein Platz für Rassismus«.

»Ganz schön türbülent« ging es in Ceylans gleichnamigem Programm auch zu. So schnell wie der 35-Jährige seine Zuschauer einbezog und kommunikativen Kontakt suchte, schnellten die Sympathiewerte nach oben. »Heut gebe ich alles. Ich habe richtig Bock!«, sagte er. Dabei wollte der waschechte »Monnemer« ja nie wieder nach Wetzlar kommen. Denn bei seinem letzten Gastspiel eilten ein paar Gäste bereits schon während des Schlussapplauses und vor der Zugabe aus der Stadthalle. Doch nun war alles anders. Die Begeisterung der 4000 steckte ihn an, Ceylan lachte sich über seine eigenen Gags schlapp oder bekam mitunter vor lauter Grinsen, Kichern und Speichelfluss keinen geraden Satz mehr hervor.

Selbst die Trennschärfe zwischen Ceylan und seinen gemimten Figuren verschwamm streckenweise. Dennoch konnte sich das Publikum köstlich über den Verwandlungskünstler amüsieren, so treffsicher setzte er die jeweiligen Eigenarten der Typen in Szene. Etwa »Hausmeeschder Mompfreed Bockenauer«, dessen »Antirassismustabletten« nicht zu wirken schienen und der deshalb über seinen neuen Kollegen »Machmut« motzte.

Gemüsehändler Aslan stellte nicht nur bei seinem Ossi-Schwiegersohn Rüdiger, sondern bei allen »da drüben« die Ursache der Jammerlappen-Krankheit fest. Und er hatte »Schetress« (Stress) mit der Computergeneration: Da wollte er im Internet nach Bananen »gockeln« und fand nur anrüchige Angebote.

Kracher des Abends war die neureiche Anneliese im Pelzmantel: Sie quiekte und quakte, was das Zeug hielt, hatte sichtlich Probleme mit ihren Ticks und versuchte sich zwanghaft am Hochdeutschen. Bewunderung erfuhr Ceylan hier vor allem von den Frauen. Denn für die Nummer öffnete er seine sonst zum Pferdeschwanz gebundenen langen und topgepflegten Haare. Neidische Blicke und »Aahs« und »Oohs« waren zu vernehmen, als er diese zum Wallen brachte.

Darüber hinaus sinnierte Bülent Ceylan heiter über seltsame Erlebnisse beim Einkaufen, stellte - probeweise - seine neue haarige Mensch-Yeti-Figur Günther vor und machte eindeutig zweideutige Anspielungen. Die sollte sich sein Gesprächspartner Brian (12) aus der ersten Reihe dann von seiner Mutter erklären lassen . . .

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