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Brauchtumsverein zeigt alte Landmaschinen

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Wie in alten Zeiten gepflügt wurde, zeigen die Mitglieder des Brauchtumsvereins auf dem Baiersröderhof. Auch mit dieser Zugmaschine der Firma BOB aus dem Jahr 1933 (l.) wurde einst in der Landwirtschaft gearbeitet. Der Lanz Glühkopf-Traktor ist aus dem Jahr 1938. Er hat 4750 ccm, 25 PS und fährt heute noch. 	(Fotos: Niehoff)
Wie in alten Zeiten gepflügt wurde, zeigen die Mitglieder des Brauchtumsvereins auf dem Baiersröderhof. Auch mit dieser Zugmaschine der Firma BOB aus dem Jahr 1933 (l.) wurde einst in der Landwirtschaft gearbeitet. Der Lanz Glühkopf-Traktor ist aus dem Jahr 1938. Er hat 4750 ccm, 25 PS und fährt heute noch. (Fotos: Niehoff) © Jürgen W. Niehoff

Nidderaul (jwn). Kaiserwetter mit blauem Himmel und gut verträglichen 28 Grad bei der 27. IHGL Brauchtumsveranstaltung am Wochenende – und trotzdem hielt sich der Besucheransturm dieses Mal in Grenzen. Dabei war der Baiersröderhof, auf dem die Brauchtumsveranstaltung regelmäßig stattfindet, bestens gerüstet.

Zumindest, was das Essens- und Getränkeangebot betraf. Allerdings hatten in diesem Jahr nicht ganz so viele Aussteller den Weg nach Marköbel gefunden.

Doch Dieter P. Gonze, Vereinsvorstand bei der IGHL und zuständig für das Finanzielle, wiegelte ab: »Erstens haben wir auch in diesem Jahr wieder über 600 Anmeldungen von Ausstellern, die am ersten Ausstellungstag nach und nach erst eintreffen, und zweitens ist der Sonntag sowieso immer der publikumsstärkste Tag.« Und tatsächlich tuckerten den ganzen Samstag über Traktoren älteren Baujahrs in Richtung Baiersröderhof.

Dort wurde viel geboten. Beispielsweise konnten die Besucher zuschauen, wie die Mitglieder des Brauchtumsvereins den Weizen mit historischem Gerät mähten und banden, um ihn dann am Sonntag ebenfalls mit uralten Geräten zu dreschen. »Unsere Jungs beherrschen das«, wies der Vorstandsvorsitzende Rüdiger Witzel auf die Fertigkeit seiner Vereinsfreunde und deren professionellen Umgang mit der alten Landtechnik hin. In der Tat verfügen die IGHLer über eine eigene geübte Ernte- und Dreschmannschaft. In kurzer Zeit war der Weizen geerntet, und die Leiterwagen waren voll beladen.

Weil die Aktiven der IGHL dies nunmehr seit über 25 Jahren praktizieren, geben sie das Wissen und die Fertigkeit, mit den alten Geräten umgehen zu können, an die jeweils nächste Generation weiter. So bediente am Samstag der 36-jährige Thomas Becker als »Nachwuchsstar« den Mähbinder unter den Augen des 80-jährigen Fachmanns Horst Martin aus Langenselbold.

Anheizen und Anlassen

Aber nicht nur das Dreschen erfolgte mit den historischen Glühkopf-Traktoren der Firma Lanz aus den 30er und 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts und zog viele Zuschauer an, sondern die Traktoren selber waren ein Publikumsmagnet, wenn es hieß »Anheizen und Anlassen der Glühkopf-Bulldogs«. Hier war Uwe Jäger, der selber drei altertümliche Lanz-Traktoren sein Eigen nennt, der ausgewiesene Fachmann.

Ausgiebig erklärte er den Gästen, wie zeitaufwendig es immer war, die Traktoren überhaupt ins Laufen zu bringen. »Weil die Motoren nur einen Zylinder mit etwa zehn Liter Hubraum hatten, wobei der Kolben so groß ist wie ein Wassereimer, musste der Glühkopf zunächst ähnlich wie bei einem Diesel auf Temperatur gebracht werden. Das dauert in der Regel 15 bis 20 Minuten.« Dann muss er aber nicht wie bei den alten Autos noch mit einer Leier angekurbelt werden, sondern vielmehr wird der Kolben mittels des dafür abgenommenen und an der Seite des Motors aufgesetzten Lenkrades »angependelt«.

»Wenn Sie Pech haben, springt der Motor bei der rückwärtigen Pendelbewegung an und dann fährt der Traktor halt rückwärts. Dann muss alles noch einmal von vorne begonnen werden«, sagte Jäger.

Wenn der Motor jedoch einmal läuft und im Verbrennungsraum 600 Grad herrschen, »dann können sie alles in den Tank kippen, was brennt. Egal, ob das Diesel, Benzin oder das alte Fett aus der Fritteuse ist«, versicherte Jäger. Auch wenn diese Traktoren nur noch bedingt alltagstauglich sind – »Ne, mit denen kann man nicht mehr aufs Feld fahren.

Da ist der Tag ja schon rum, eh man auf dem Acker ist. Und helfen kann der dann dort auch nicht mehr. Da passt keine moderne Maschine mehr dran«, schüttelte der 28-jährige Tobias Ballmer den Kopf. Es sei ein Hobby seines Vaters, er selber habe kein Verständnis dafür. Denn das Hobby ist nicht gerade billig.

Auf 1000 Euro pro PS bezifferte Jäger den Sammlerwert eines Lanz-Traktors. Seine haben zwischen 25 und 55 PS, sind also zwischen 25 000 und 55 000 Euro wert. »Allerdings kosten gut erhaltene Stücke schon einmal deutlich mehr als 100 000 Euro«, meinte Jäger. »Und weil man das als normal sterblicher Bürger nirgends zu sehen bekommt, bleibt unsere Brauchtumsausstellung ein Renner«, gab sich Gonze auch für die Zukunft zuversichtlich.

Mehr Infos zur IGHL sowie zur Brauchtumsveranstaltung gibt es im Internet unter www.ighl.de.

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