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Aufgeregte Anwohner

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In Containern am Jugendzentrum Blauhaus sind Flüchtlinge untergebracht. 	(Foto: pe)
In Containern am Jugendzentrum Blauhaus sind Flüchtlinge untergebracht. (Foto: pe) © Holger Pegelow

Nidderau (jwn). Seit das Stadtparlament beschlossen hat, dass am Windecker Sportplatz eine Flüchtlingsunterkunft gebaut werden soll, sind viele Anwohner beunruhigt. Alteingesessene Eigentümer sehen ihre Grundstücke entwertet, und der Vorsitzende des Sportvereins droht gar mit Rücktritt.

Die Suche nach noch mehr Wohnungen für Asylbewerber bei ständig steigenden Zahlen beschäftigen zurzeit die Verwaltungen in fast allen Rathäusern. Das trifft auch für Nidderau zu, wo Bürgermeister Gerhard Schultheiß seit Anfang des Jahres bereits mit Engelszungen versucht, Haus- und Grundstückseigentümer davon zu überzeugen, ihre leerstehenden Immobilien der Stadt für die Unterbringung von Asylanten zur Verfügung zu stellen. »Wir bekommen auch Rückmeldungen. Aber bei der Besichtigung stellt sich dann heraus, dass die Häuser entweder aufgrund ihres baulichen Zustandes nicht geeignet sind, oder die preislichen Vorstellungen laufen konträr auseinander.«

Die Stadtverordnetenversammlung hat daraufhin Standorte festgelegt, wo die Stadt kurzfristig selber bauen und so den benötigten Wohnraum für die Asylsuchenden schaffen kann. Das sind zum einen der Teil eines Parkplatzes zwischen dem Sportgelände und einem kaum noch genutzten Spielplatz in der Straße »Am Sportfeld« und zum anderen ein freies Gelände in der Odenwaldstraße. Wobei die Priorität eindeutig auf dem Gelände am Sportfeld liegt.

Doch diese Pläne gefallen den Anwohnern überhaupt nicht. Um dem aufkommenden Groll zu begegnen, wurde durch die Verwaltung eine Anwohnerversammlung im nahen Sportheim einberufen – nicht öffentlich. Denn nach Ansicht von Stadtverordnetenvorsteher Gunter Reibert sollten die Anwohner wirklich frei zu Worte kommen dürfen. Das soll auch geschehen sein, denn im Anschluss an die wohl sehr lebhafte Versammlung meinten einige Besucher, dass der Ausschluss der Öffentlichkeit für manchen Redner sehr sinnvoll gewesen sei. Denn sachliche Argumente wie Parkplatzsorgen wechselten sich ab mit unbegründeten Ängsten »wegen der vielen Ausländer«.

»Ausländer-Ghetto«

So befürchten einige, dass möglicherweise durch das Bauen eines oder mehrere Häuser ein »Ausländer-Ghetto« entstehen könne und der angrenzende Spielplatz deshalb in Zukunft ungenutzt bleibe. Weiter wurden Befürchtungen geäußert, dass die Immobilien im Umfeld der neuen Asylantenwohnungen erheblich an Wert verlieren würden. »40 Jahre haben wir für die Hütte gearbeitet, jetzt wird sie entwertet«, meinte beispielsweise Anwohnerin Christel Holzmann.

Schon jetzt reichten die Stellflächen für die parkenden Autos nicht mehr aus. »Wenn jetzt der bestehende Parkplatz des Sportplatzes wegen der Unterkünfte verkleinert wird, werden die Einfahrten endgültig zugeparkt«, unterstützten auch andere Anwohner die Beschwerdeführerin.

Allgemein wurde beklagt, dass die Stadtverordneten es sich »zu einfach mit der Standortfrage« und ihrem Beschluss in Richtung des Grundstückes am Sportfeld gemacht hätten. In eine Gegend, in der nur Ein- und Zweifamilienhäuser stehen würden, passe nun einmal keine Flüchtlingsunterkunft, so die überwiegende Meinung der Anwohner.

Doch damit icht genug: Der stellvertretende Vereinsvorsitzende der SC Eintracht-Sportfreunde, Jörg Walter, will Konsequenzen ziehen, falls das Haus für die Flüchtlinge tatsächlich auf dem Parkplatz seines Vereins gebaut werden sollte. Er will sein Amt niederlegen, weil er während des Spielbetriebs nicht mehr für die Sicherheit der Kinder und Jugendlichen garantieren könne. Er befürchtet, dass wegen der beengten Parksituation es für die Rettungswagen kaum noch ein Durchkommen gebe.

Beanstandet wurde auch, dass angeblich nur Einzelne angeschrieben worden seien. Vermutlich, um die Sache bewusst klein zu halten. »Wir fühlen uns jedenfalls über den Tisch gezogen«, meinte Holzmann. Zu viele Fragen seien an diesem Abend noch offen geblieben. Unklar sei auch, ob der Bau nun bereits beschlossene Sache sei und ob weitere Fertighäuser geplant seien.

Geplanter Baubeginn verschoben

Inzwischen wiegelt Bürgermeister Schultheiß ab: »Ich führe momentan aussichtsreiche Gespräche mit mehreren Grundstücksbesitzern über den Kauf geeigneter Objekte«, zeigte er sich Mitte dieser Woche zuversichtlich. Da der Stadt für das laufende Quartal 20 Flüchtlinge zugewiesen wurden und für das vierte Quartal angesichts der Flüchtlingsströme sich die Anzahl von weiteren 20 noch einmal erhöhen könnte, sei Eile geboten. Auf jeden Fall will Schultheiß vermeiden, dass er die Flüchtlinge in Turnhallen oder Gemeinschaftshäusern unterbringen müsse.

»Sollte das mit dem Kauf der Immobilien in den nächsten Wochen tatsächlich klappen, dann liegt der Bau einer Flüchtlingsunterkunft am Sportfeld oder in der Odenwaldstraße erst einmal auf Eis«, deutete der Rathauschef eine Lösung an, die auch den Anwohnern entgegen kommen dürfte. Deshalb ist der noch auf der Anliegerversammlung angekündigte Baubeginn am 1. September für das Fertigbauhaus am Sportfeld erst mal vom Tisch.

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