Angler brachten Aale aus der Lahn in barrierefreien Rhein
Cölbe/Gießen (pm). Während in diesen Tagen vielerorts Aal auf dem Speiseplan stand, setzten sich Fischereivereine und Regierungspräsidium (RP) Gießen für den Erhalt des immer seltener werdenden Gastes in der mittelhessischen Lahn ein.
Denn die Wanderfische haben Schwierigkeiten, Wasserkraftwerke und andere Hindernisse zu umgehen, um unbeschadet in ihre Laichgewässer zu gelangen. Experten haben daher ein System entwickelt, mit dem die Aale aus der Lahn »abgefischt« und zum barrierefreien Rhein transportiert werden. Von dort kommend steigen ihre Chancen um ein Vielfaches, unbeschadet ihr Reiseziel zu erreichen, die Sargassosee in der Nähe der Bahamas. »Auslöser für die ungewöhnliche Maßnahme sind die zurückgehenden Aalfangzahlen an der Lahn«, berichtete Walter Fricke vom Gießener Regierungspräsidium. Es sei nur noch ein Bruchteil der Bestände aus den 1990er Jahren vorhanden, in vielen Flussabschnitten seien die nachtaktiven Tiere sogar nur noch vereinzelt nachweisbar. Lösungen für eine ungehinderte Aalwanderung, wie ein ausgeklügeltes Turbinenmanagement oder der Einbau technischer Abstiegsmöglichkeiten, seien zwar in Sicht, bis diese Maßnahmen fruchteten, könnte es für den Aal jedoch zu spät sein.
Die mittelhessischen Angelvereine und Fischereibehörden regten daher ein Fang- und Transportsystem an, das jetzt in die Tat umgesetzt wurde. Helfer der Fischereivereine fischten in den vergangenen Wochen abwandernde Blankaale mit Hilfe von Reusen aus der Lahn (am Cölber Wald, bei Sarnau und am Unterlauf der Wetschaft) – und zwar noch bevor die Tiere Wehre, Wasserkraftanlagen und andere Hindernisse erreichten. In einer eigens gebauten Anlage des Fischereivereins Marburg in Cölbe-Reddehausen wurden 96 Aale vier bis sechs Wochen gehalten, anschließend nach Lahnstein transportiert und dort in den Rhein entlassen.
Wenn alles gut läuft, schwimmen die Tiere jetzt mit der Strömung zunächst in Richtung Nordsee, später zu ihrem Laichgewässer in der Nähe der Bahamas. »Mit dieser Methode soll verhindert werden, dass sich die Lahn-Aale an Turbinen verletzen oder ums Leben kommen«, erläuterte Fricke. »Im Rhein haben es die Strömungsschwimmer leichter, da dieser für sie vollständig frei von Barrieren ist«.
Das schnelle und relativ unkomplizierte Transportieren der Fische helfe auch, die EU-Aalverordnung und den Aalbewirtschaftungsplan für den Rhein umzusetzen. Beide forderten, dass mindestens 40 Prozent der abwandernden Aale lebend und unversehrt im Atlantik ankommen sollen.