Amöneburg: Irres Treiben in der Klinik
Die Schlossfestspiele Amöneburg sind auf historisches Gelände umgezogen. Genau der passende intime Rahmen für Ray Cooneys flotte Boulevardkomödie: »Und alles auf Krankenschein«.
Lachen ist bekanntlich ja die beste Medizin. Mussten sich die Premierengäste am Donnerstagabend noch mit dem halben Vergnügen zufriedengeben – die Vorstellung wurde nach der Pause wegen Starkregens abgebrochen –, lockte nun am Samstag herrliches Wetter hinauf auf die Schlossruine von Amöneburg.
Seit fünf Jahren erweckt das Ensemble um Theatermacher Peter Radestock nun schon im Sommer die malerische Kulisse aus dem Dornröschenschlaf. Nach aufwendigen Produktionen wie dem Musical »My Fair Lady« oder Zuckmayers »Hauptmann von Köpenick« mit vielen Statisten auf offenen Gelände haben sich die Produzenten diesmal bei der Komödie »Und alles auf Krankenschein« für einen kleineren Rahmen entschieden.
Der Vorteil: Das zweckmäßige Einheitsbühnenbild schmiegt sich direkt an die Festungsmauer. Die Zuschauer – in etwas reduzierter Zahl – werden hautnah Zeuge eines hanebüchenen Tags im Leben des Neurologen Dr. David Mortimore. Der will sich eigentlich in Ruhe auf seinen Vortrag beim Ärztekongress vorbereiten, erfährt aber stattdessen von seiner ungeahnten Vaterschaft. Die Ereignisse überrollen ihn, spucken doch die vier Türen zu seinem Arztzimmer immer neue unverhoffte Besucher und Patienten aus.
Was der britische Komödienschreiber Ray Cooney da penibel ausgetüftelt hat, erhebt nicht im Geringsten den Anspruch des Seriösen und ist an abenteuerlichen Wendungen kaum zu überbieten.
Ein gefundenes Fressen für den Erzkomödianten Radestock, der seine neun Mitspieler auf perfekte Pointen getaktet hat, die zwar manchmal in alberne Verkleidungen münden, aber ihre komische Wirkung nicht verfehlen. Es gibt viele behaarte Männerbeine zu sehen, einen Polizisten, der die Hosen runter lässt, und eine Oberschwester, die kreischend aus dem Fenster stürzt.
Doch damit nicht genug: Das ganze irre Treiben aus Cooneys Erfolgsfeder wird in Ämoneburg noch mit Musik angereichert. Da lässt Christin Deuker als Ehefrau von Dr. Mortimer mit geschulter Musicalstimme Wencke Myhres knallrotes Gummiboot zu Wasser, und Christine Reinhardts leicht verwirrte Oberschwester fordert ihren angebeteten Arzt auf: »Komm unter meine Decke.« Patric Dull als aus der Bahn geratener Sohn stimmt frohgemut Marianne Rosenbergs »Er gehört zu mir« an, als er endlich seinen Vater findet.
Schlüpfrige Anspielungen
Manfred Gorr versucht, in dieser zentralen Rolle ernsthaft die Übersicht zu behalten und ist doch dazu verdammt, nur immer neue Konfusionen anzuzetteln. Auch Cathrin Bürger kann als Ex-Geliebte und Mutter seines Sohnes kaum Klarheit in die verzwickten Zusammenhänge bringen.
David Gerlach erweist sich mal wieder als köstlicher Komiker, der gekonnt mit der Begriffstutzigkeit des Dr. Bonney spielt. Michael Köckritz setzt als Arztkollege in drallen Frauenkleidern eins drauf, während Jochen Nötzelmann als Sergeant in nassen Hosen seine ganz spezielle Nummer abzieht.
Die schlüpfrigen Anspielungen sind gewollt, schließlich soll das Publikum doch seinen Spaß haben. »Und alles auf Krankenschein«, wie Stefan Gille als plietscher Patient im Rollstuhl trefflich bemerkt. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie bitte Ihren Arzt oder Apotheker.